Mitsegeln: Links und Literatur *updated*

Seit meinem Trip per Anhalter über den Atlantik werde ich immer wieder gefragt, wie genau das denn funktioniert, so einfach über einen Ozean trampen. Besonders oft wollen Leute wissen, welche Literatur ich benutzt habe und welche Crewbörsen im Internet denn am besten funktionieren.

Ich habe deshalb mal nachgeschaut, in meinen Browserfavoriten, meiner Chronik und in meinem Bücherregal:

Gelegenheiten zum Mitsegeln

Bevor ich überhaupt meinen ersten Schritt auf ein Segelboot gesetzt habe, habe ich mir das Büchlein „The Hitchhiker’s Guide to the Oceansbesorgt. Die Autorin Alison Muir Bennett beschreibt hier für Anfänger, wie man eine Crewposition auf einem Segelboot findet.

Dazu beschreibt sie ganz gut das Leben an Bord. Eine Vorstellung davon zu haben hilft auf jeden Fall auf der Suche nach Argumenten, wenn man einen Kapitän von seinen Qualitäten überzeugen will. Außerdem taugt es als „mentale Vorbereitung“ auf den großen Törn, wie es im Buch genannt wird.

Besonders wertvoll sind aber auch die Tabellen und Karten in der Mitte des Buches: Zu welcher Jahreszeit sind wo die Yachten und Segler und wo wollen sie hin? Wo sind die sogenannten „bottlenecks“, das heißt die Plätze, wo sie alle vorbei kommen? Worauf muss ich achten, wenn ich einen Skipper kennen lerne, wie finde ich den Richtigen?

 

Im Vergleich dazu ist Jimmy CornellsSegelrouten der Weltmeere“ schon echte Fachliteratur, dafür auch unter Seglern ein echter Klassiker. Jede halbwegs populäre Segelroute auf den Ozeanen der Welt wird hier detailliert beschrieben, von der Wahl des richtigen Ablegehafens bis hin zu Wind- und Strömungsverhältnissen zu den verschiedenen Jahreszeiten.

Der „Cornell“ ist ein Standardwerk für Fahrtensegler, und das macht ihn auch so wertvoll für uns Tramper: Wenn ein Hafen hier den Seglern empfohlen wird, fahren sie auch hin – das heißt wir finden sie!  Außerdem kann man den künftigen Skipper mit jeder Menge Fachwissen zum geplanten Törn beeindrucken und so zeigen, dass man keine ganz so blutige Landratte mehr ist wie es scheint. Außerdem macht sich der Schinken, den es nur in gebundener Version gibt, richtig gut im Bücherregal…

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Mit dem Vorwissen kann es dann aber wirklich nur losgehen! Das Bild ganz oben zeigt meinen Zettel, den ich in den Büros der Hafenmeister und in zahllosen Hafenkneipen aufgehängt habe. Ich schreibe nur ein paar Sätze über mich, über meine Erfahrung auf Segelbooten und natürlich erwähne ich auch die Dinge, von denen ich glaube, dass sie die Kapitäne überzeugt, mich mitzunehmen. Meinen Originalzettel könnt ihr euch hier komplett anschauen!

Eine sehr wichtige Möglichkeit, ein Boot zu finden, ist natürlich das Internet. Es gibt zahllose Crewbörsen. Einige davon stelle ich euch hier vor:

Die besten Crewbörsen für das Mitsegeln:

  • Zuerst: Hand-gegen-Koje. Hier findet ihr Mitsegelgelegenheiten um die Welt, aber vor allem in Deutschland. Also, an der deutschen Nord- und Ostseeküste, das ist hervorragend, um Erfahrungen zu sammeln.
  • Im Forum von worldcruising.com lohnt es sich auch immer wieder vorbei zu schauen. Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich meine, hier auch Käpt’n Randy getroffen zu haben, mit dem ich von Gibraltar nach Gran Canaria gesegelt bin.

Randy auf seiner "Mystique"

  • Sehr einfach gemacht ist floatplan.com, aber auch diese Seite erfüllt ihren Zweck, Skipper und Crew zusammen zu führen.
  • Auch bei desperatesailors.com kann man suchen und finden, hier muss man sich allerdings zumindest einen Benutzernamen und ein Passwort anlegen und kann danach die Suchfunktion nutzen.
  • findacrew.net habe ich selber noch nicht getestet, wurde mir aber von Lesern empfohlen.
  • Noch ziemlich neu ist 1-2-Mitsegeln. Langsam finden sich aber auch hier erste Hand-gegen-Koje-Angebote.
  • Bei Couchsurfing.org gibt es diverse Gruppen, die sich mit der Suche nach der Couch auf einem Boot beschäftigen. Sie heißen „The sailing sailors project“, „Couchsailing International“ oder passenderweise „A couch on a boat“. Mein Eindruck ist allerdings, dass sich hier kaum Kapitäne auf der Suche nach Crew tummeln, und dafür jede Menge Tramper Boote suchen. Es macht aber trotzdem Sinn, sich hier ein wenig auszutauschen, schließlich treiben sich bei Couchsurfing viele sehr erfahrene Reisende herum, die vielleicht auch noch den ein oder anderen Tipp haben.

Viel Glück bei deiner Suche nach dem passenden Boot!

 

 Kennst du Crewbörsen, die hier fehlen?
Ich freue mich, wenn du sie in die Kommentare schreibst!

Endlich Frühling: Zeit für Abenteuer um die Ecke

1

Sehr langsam, aber sicher, setzt sich auch hier in Norddeutschland der Frühling durch. So kann es wieder zu kleinen, spontanen Ausflügen um die Ecke kommen. Genau so ein klassisches Bruder-Leichtfuß-Mini-Abenteuer ereignete sich in der vergangenen Woche.

Anfangs der Woche hatte ich mir noch für insgesamt 45 Euro ein Fahrrad, und damit eines der Low-Budget-Verkehrsmittel überhaupt, zusammengebastelt. Kurz darauf stiegen die Temperaturen und passenderweise ergaben sich ein paar Lücken in meinem Terminkalender.

Also lud ich mir kurzerhand mein Zelt auf den nagelneuen Gepäckträger und machte mich auf den Weg in Richtung Hamburger Nordosten. Erst immer an der Alster entlang, dann ging es durch die Naturschutzgebiete an der Alster, durch die Ammersbek-Niederung, durch den Hansdorfer und Duvenstedter Brook.

Danach stieß ich recht bald bei Bad Oldesloe auf die Trave, der ich an Lübeck vorbei bis zur Mündung in der Ostsee folgte (Leider gibt’s an der Trave keinen durchgehenden Wanderweg). Dort radelte ich noch ein Stück weiter bis nach Wismar, von wo aus mich die Bahn zurück nach Hamburg brachte. Somit habe ich meine ersten beiden Zelt-Übernachtungen in diesem Jahr endlich erledigt, mal wieder ein bisschen Zeit in der Natur verbracht, die Hamburger Umgebung besser kennen gelernt und auch endlich die Ostsee mal wieder gesehen. Keine schlechte Ausbeute für zwei Tage Frühling, oder?

Die Ostsee „anzubaden“ habe ich mich übrigens noch nicht getraut, dafür war es dann doch noch ein bisschen zu kalt. Dafür weckte der Blick auf die See sofort wieder Träume vom Segeln – vielleicht ja mal wieder in der dänischen Südsee? Ich werde demnächst wohl mal wieder bei hand-gegen-koje.de reinschauen!

Hier erstmal eine kleine Auswahl an Frühlingsbildern:

Am Duvenstedter Brook

Holstentor

Schwäne bei Dassow

Zeltplatz an der Travemündung

Ostsee

 

Männer-WG im Nirgendwo (6)

Eine große Runde hat sich um den Tisch im Salon der „Libertalia“ versammelt. Es ist bald Zeit für das Abendessen, und gekocht wird auf dem Segelboot meistens gemeinschaftlich. Nur ein Mann bleibt immer an Deck, um Wache zu halten, er bekommt dann die erste Portion, sobald das Essen fertig ist.

Heute gibt es einen Eintopf aus Kartoffeln, Bohnen und der Jam-Wurzel, die wir auf den Kapverdischen Inseln kennen gelernt haben. Sie ähnelt im Geschmack der Kartoffel, erhält beim Garen jedoch eine cremige Konsistenz, die dem Eintopf das gewisse Etwas geben soll. Käpt’n Phil schält also die Jam-Wurzeln, Kyle kümmert sich um die Zwiebeln und ich hacke den Knoblauch, den wir für jede Mahlzeit reichlich verschnippeln.

Kartoffeln, Bohnen und Jam-Wurzeln

Währenddessen ist Arne dafür zuständig, die Übersicht zu bewahren, er ist vielleicht der beste Koch auf dem Boot. Dass der 25jährige überhaupt mit an Bord ist, hat sich erst ganz kurz vor dem Ablegen der „Libertalia“ in Mindelo, Kap Verde, ergeben. Der Heidelberger stand plötzlich mit seinem gleichaltrigen Kumpel Johannis an unserem Ponton und fragte, ob wir nicht noch Crew benötigten.

Da wir wir mit der Norwegerin Cecilie gerade ein Mannschaftsmitglied verloren hatten, luden wir die beiden auf ein Bierchen an Bord ein und sie erzählten uns ihre Geschichte. Sie seien im August mit dem Fahhrad in Deutschland aufgebrochen, und dann in Marokko auf ein Segelboot umgestiegen, dass sie bis auf die Kapverdischen Inseln brachte.

Jetzt möchten sie ihre Fahrradtour gerne in Südamerika fortsetzen. Käpt’n Phil, Kyle und ich fanden diesen Plan mehr als sympathisch. Außerdem gefiel uns der Gedanke, ein paar mehr Leute an Bord zu haben: Schließlich bedeutet das für uns unter anderm auch mehr Freizeit zwischen den Wachschichten.

Das sind von links: Kyle, Johannes, Phils Füße und Arne
Das sind von links: Kyle, Johannes, Phils Füße und Arne

Also wohnen jetzt fünf junge Männer zwischen 25 und 32 Jahren auf der 14 Meter langen „Libertalia“. Zwei bis drei Wochen wird die letzte Etappe über den Atlantischen Ozean etwa dauern, so lange gilt es, gemeinsam den Haushalt zu meistern. Zum Kochen findet sich eigentlich immer jemand, beim Abwasch sieht das schon anders aus.

Auch räumt keiner von uns gerne auf, so dass der Salon meist ziemlich chaotisch aussieht. Zum Glück sind wir alle das Leben in Wohngemeinschaften gewöhnt, so dass sich keiner ersthaft daran stört, wenn auf dem Esstisch zwischen unseren Tellern auch noch Schwimmwesten, Werkzeug und Zahnpasta herumliegen.

Viel lieber beschäftigen wir uns zum Beispiel mit Angeln. Gerade gestern haben wir unseren ersten Fang gelandet: Eine mittelgroße Dorade sprang auf unseren Köder an und sorgte so für ungewohnte Betriebsamkeit an Deck: Blitzschnell war sie ausgenommen, Reis als Beilage gekocht und der bordeigene Grill angeschmissen. Jeder von uns fünf dieser Hochsee-Wohngemeinschaft kannte seine Aufgabe und so dauerte es keine halbe Stunde vom Anbeißen des Fisches bis zum ersten Biss in das fangfrische, weiße Fleisch der Dorade.

Ebenfalls großen Spaß bereitet es uns, unseren Drachen steigen zu lassen. An ihm haben wir eine Kamera aufgehängt und damit einige schöne Luftaufnahmen von der „Libertalia“ und dem Ozean gemacht.

Für gute Laune sorgt auch jedes kleine Wölkchen, dass uns für kurze Zeit ein wenig Schatten spendet. Jeden Tag wird es wärmer, was uns beweist, dass unser Kompass noch stimmt: Wir segeln genau auf Kurs 180 Grad Süd. Sogar die Nächte sind hier im tropischen Teil des Atlantiks so lau, dass es sich kaum lohnt, ein T-Shirt über zu ziehen.

Die meiste Zeit des Tages hangeln wir uns nur mit unseren Badehosen bekleidet über das Deck unseres Zuhauses. Die Hitze macht träge, wohl deshalb werden unsere Bärte immer länger – wir sind ja schließlich unter uns. Große Erleichterung bietet uns jeden Tag unsere primitive Salzwasserdusche: Ein Gartenschlauch, den wir vom Waschbecken aus auf das Vordeck gelegt haben, führt Meerwasser zum Duschen.

Zwar wird auch der Atlantik an jeden Tag, an dem wir uns dem Äquator nähern, wärmer, aber noch kühlt das Wasser angenehm und wir genießen es, uns anschließend vom Ozeanwind trockenpusten zu lassen. So wehen die Tage an uns vorbei, während die „Libertalia“ unermüdlich durch die See stampft.

Essen ist das größte!
Essen ist das größte!

Der Eintopf brodelt in der Kombüse auf dem bordeigenen Methanolkocher, nur Arne steht noch daneben und passt auf, dass durch das Schaukeln des Bootes nichts verschütt geht. Käpt’n Phil, Kyle, Johannis und ich sitzen an Deck und versuchen wie so oft in letzter Zeit, uns zu verbildlichen, wo genau wir eigentlich gerade sind.

Zwar kennen wir natürlich dank des GPS-Gerätes unsere exakte Postion: Wir segeln auf 3 Grad nördlicher Breite und 25 Grad westlicher Länge. Allerdings sind wir jetzt so weit draußen auf dem Ozean, dass uns jeder Bezugspunkt fehlt. Der Miniglobus, der über der Kombüse baumelt, sagt uns, dass etwa 1000 Seemeilen östlich von uns der Kamerun liegt und 1500 Meilen westlich Brasilien.

Gen Norden und Süden müssten wir schon um den halben Erdball segeln, um auf Land zu stoßen: nur die Eisschollen der Arktis und Antarktis würden unseren Weg begrenzen. Selbst die lokale Zeitzone hilft uns nicht wirklich weiter: Wir schätzen, dass hier die mittelatlantische Zeit herrschen müsste. Außer den wenigen Bewohnern einiger, kleiner Hochseeinseln, richtet sich allerdings niemand nach ihr.

Bevor wir näher darüber nachdenken können, wie weit im Nirgendwo wir uns gerade befinden, ruft Arne uns aus unserm Gepräch heraus: „Jungs, das Futter ist fertig!“. Unser Küchenmeister balanciert die erste Schale mit dampfenden Eintopf über die Stufen des Niederganges nach oben. Wir tun es ihm schnell nach, und kurz darauf sitzen wir schon wieder oben in unserer Runde, auf den Holzbänken an Deck.

Schweigend schaufeln wir unser Abendessen in uns hinein, jeder scheint mit seinen Gedanken ganz bei sich zu sein. Über unserem Ziel, dem südamerikanischen Kontinent im Westen, scheint gerade die Sonne im  Atlantik zu versinken. Sie taucht den Himmel in ein fast unwirkliches Feuerrot und beendet so den sechsten Tag unserer Passage über den Ozean.

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Flausen im Kopf

Eigentlich könnte man ja annehmen, dass nach einer Reise über mehrere Monate und Kontinente hinweg, der Reisedurst erstmal zumindest ein wenig gestillt ist. Genau das Gegenteil ist bei mir der Fall: Jedes Abenteuer bringt mich auf neue Ideen, was ich wo und wie noch so alles unternehmen könnte. Ich gebe euch mal einen kleinen Einblick in meine Noch-Traumwelt:

Mit dem Schlauchboot nach Tschechien?
Mit dem Schlauchboot nach Tschechien?

Nach Tschechien mit dem Schlauchboot. Während des Atlantiktrips habe ich viel Zeit in verschiedenen Häfen gebracht. Dort, und vor allem beim Ankern, sind Dingis, die kleinen Beiboote der Segelyachten, oft unverzichtbare Verkehrsmittel. Macht ziemlich Spaß mit so einem kleinen Schlauchboot mit Mini-Außenborder herumzufahren.
Also habe ich mir überlegt, dass es doch eine ziemlich spannende Geschichte wäre, einfach hier in Hamburg mit so einem Boot loszufahren und die Elbe hochzufahren. Ob ich tatsächlich rauf bis nach Tschechien kommen würde?

 

Hart erarbeitet: Die Unterkunft in Bergen
Hart erarbeitet: Die Unterkunft in Bergen

Zu den norwegischen Fjorden. Schon seit Jahren geistert die Norwegen-Idee in mir herum. Beziehungsweise, ich stelle mir die wilde Fjord-, Wald- und Berglandschaft dort so beeindruckend vor, dass ich einfach weiß, dass ich mir das bald mal anschauen sollte. Bisher habe ich mich im Zweifel noch immer dagegen entschieden. Ein Grund dafür war, dass Norwegen einfach eines der teuersten Länder überhaupt ist. Jetzt habe ich unterwegs zwei Norwegerinnen kennen gelernt, wo ich einerseits umsonst unterkommen könnte, anderseits hätte ich gleich zwei coole, hübsche Reiseführerinnen… Vielleicht klappt’s ja dieses Jahr!
Update: Hier gibt’s meinen ersten Bericht aus Norwegen!

Bruder Leichtfuss auf Wanderschaft
Bruder Leichtfuss auf Wanderschaft

Zu Fuss quer durch Deutschland: Schon ziemlich oft habe ich mir überlegt, dass es vielleicht nicht unbedingt sehr clever ist, ständig in der ganzen Welt unterwegs zu sein, während ich mich bei mir zuhause noch immer viel zu wenig auskenne. Schöne Küsten gibt’s auch hier in Deutschland, eine Menge schöner, alter Städte und mit vielen Flüssen, unterschiedlichen Gebirgen und Wäldern… Vielleicht wäre es deshalb ganz schlau und ziemlich spannend, sich mal direkt vor der Haustür auf große Wanderschaft zu begeben. Vielleicht einfach mal von Hamburg nach München laufen?

 

Checkpoint Qalandia bei Ramallah
Wachturm an der Schutzmauer beim Checkpoint Qalandia zwischen Jerusalem und Ramallah

Krisenherd Naher Osten. Hier gäbe es vielleicht auch mal härtere Kost von Bruder Leichtfuss: Vor mittlerweile fast acht Jahren, also im zarten Alter von 21 Jahren, war ich für einige Zeit in Israel und Palästina, also den besetzen Gebieten, unterwegs. Ich war damals jüdischen Siedlungen im Westjordanland, in palästinensischen Flüchtlingslagern und an diversen Checkpoints. Außerdem natürlich bei einer Menge Sehenswürdigkeiten, heilige Stätten (fast) sämtlicher Religionen, Wandern in der Negev, arabische Souks, das Tote Meer… Lernen durfte ich damals zum einen, was arabische Gastfreundlichkeit bedeutet. Und: Wie schlecht westliche Medien uns informieren. Irgendwie zwickt es mich schon seit einem guten Jahr, dass ich mir da noch einmal den aktuellen Stand der Dinge anschaue.

Diese vier Ideen habe ich jetzt erstmal aufgeschrieben, habe aber noch eine Menge anderen Quatsch im Kopf. Bei Sea Shepherd anheuern, endlich Afrika richtig kennen lernen, den Atlantiktrip Richtung Karibik und Pazifik verlängern… Es gibt viel zu tun!

Per Anhalter über den Atlantik – Ein Abenteuer nach meinem Geschmack

Mein kleiner Ausflug per Anhalter über den Atlantik ist zu Ende, während ich diesen Artikel schreibe, sitze ich wieder in meinem Zimmer in Hamburg. Der Rückflug kam mir absurd schnell vor, ich kam mir im Flugzeug vor, als säße ich in einer Zeitmaschine. In Hamburg warteten dann fast 40° Temperaturunterschied auf mich und dazu eine dicke Portion Alltag… der immer wieder davon unterbrochen wird, dass ich von meinem unglaublichen Abenteuer träume.

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Und hier geht’s zur Übersicht → Altantiküberquerung als Mitsegler.

 

Als ich im November in Malaga startete, war ich mir überhaupt nicht sicher, ob ich wirklich auf der anderen Seite des Ozeans ankommen würde. Nur vereinzelt war mir immer wieder das Gerücht begegnet, dass so eine Unternehmung möglich sei. Nach Gibraltar bin ich dann erstmal per  Anhalter gereist, was mir eine Menge Mut machte: Ich stelle immer wieder fest, dass einfach viele Menschen ziemlich gerne Fremden helfen.

In Gibraltar fand ich dann einen supernetten Couchsurfer und schnell gleich zwei Boote zu den Kanarischen Inseln. So mühelos und einfach ging dann alles weiter – bis ich plötzlich zusammen mit Millionen Brasilianern auf den Straßen von Recife stand und den Karneval gefeiert habe. Ich habe das auf Reisen schon oft erlebt, aber es überrascht mich jedes Mal, wie plötzlich eins zum anderen kommt und alles einfach läuft.

trampen per segelboot

Knapp vier Monate war ich unterwegs und habe dabei auf der „Mystique“ und der „Libertalia“ insgesamt 30 Tage auf hoher See verbracht und dabei ziemlich genau 3300 Seemeilen (über 5300 Kilometer) hinter mich gebracht. Besonders die Tage auf See, weit weg von jeder menschlichen Spur, haben mich einfach begeistert.

Schon vor dem Trip wusste ich, dass ich gerne segle, jetzt würde ich am liebsten gleich wieder in See stechen. Zuhause in Hamburg erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich in Crewbörsen herum stöbere oder bei Ebay nach dem ultimativ-billigen, hochseetauglichen Segelboot suche. Bis ich das gefunden habe, werde ich aber wohl noch so manches Low-Budget-Abenteuer erleben…

Mitsegeln Atlantik

Beim Träumen von dem Weg per Anhalter über den Ozean war ich (viel zu lange, wie so oft) bei Googlemaps unterwegs und habe euch dabei diese Karte gebastelt. Wenn ihr auf den blauen Pinökel klickt,  sollte immer eine Blase mit einem Link zum passenden Artikel erscheinen.

Bei Orten, an denen ich länger unterwegs war, zum Beispiel Südspanien und die ganzen Inseln im Ozean, lohnt es sich, weiter hereinzuzoomen, dann tauchen manchmal noch weitere Artikel auf. Für Kartenfreaks wie mich, die sich gerne mal auf so einem virtuellen Globus verlieren, gibt es den Plan auch nochmal direkt bei Googlemaps – hier!

Viel Leben im Transatlantikhafen von Mindelo (5)

Tröten, Fanfaren und Schiffshörner hupen, eine Menschentraube hat sich am Dock im Yachthafen von Mindelo auf São Vicente gebildet. Die Menschen winken, lachen und verdrücken sich vereinzelt eine Träne: Die „Waimanu“, das kleine Boot des irisch-kanadischen Pärchens Tim und Ana legt ab, Richtung Karibik. Gute Wünsche werden über das Wasser gerufen, „guten Wind!“, „viel Glück!“, oder einfach „viel Spaß!“.

Es ist jedes Mal ein emotionaler Augenblick, wenn eine neue Yacht in See sticht, für den ganz großen Seglertraum. Und der Zusammenhalt unter den Seglern ist hier groß – jeder fiebert beim anderen mit und hilft, wo er nur kann. Nach acht Tagen auf See, landete ich auf meinem Weg per Anhalter über den Atlantik hier auf der Kapverdischen Insel São Vicente.

Direkt nach der Ankunft hat die Crew der „Libertalia“ sich mit Tim und Ana angefreundet. Die beiden halfen tatkräftig dabei mit, unser das Paket, das wir auf See nach unserem kleinen Unfall aus dem Genuasegel gepackt hatten, wieder aus zu packen. Auch sie holten sich einige Schürfwunden und Brandblasen an den Händen ab – knapp 80 Quadratmeter Segelfläche sind selbst bei schwachem Wind nicht leicht zu halten.

Ab in die Karibik!
Ab in die Karibik!

Kap Verde ist ein kleiner Inselstaat im äußersten Westen Afrikas etwa 1000 Kilometer entfert von der Küste des Senegals. Nur etwa 500.000 Menschen leben auf diesen 13 Vulkaninseln, weit draußen auf dem Atlantik. Der Hafen in Mindelo war schon seit der Entdeckung der Inseln durch die Portugiesen im 15. Jahrhundert der Dreh- und Angelpunkt. Bevor die Europäer hier ankamen, waren die Inseln unbesiedelt. Dann waren sie für einige Jahrhunderte ein großer Umschlagsplatz für schwarzafrikanische Sklaven, außerdem siedelten sich Seefahrer aus aller Welt hier an.

Ich helfe hier dem Kapitän der „Libertalia“ das Segelboot wieder fit zu machen für ihren weiteren Weg über den Ozean. Mein deutscher Käpt’n Phil, der Amerikaner Kyle und ich haben beschlossen, dass wir ein gutes Team sind und deshalb zusammen bleiben werden. Schließlich hatten wir auf dem Weg hierher einige Prüfungen bestehen und wir haben sie gemeistert.

Für mich heißt das, dass mein Ziel jetzt endlich fest: Es geht nach Recife in Brasilien! Nur Cecilie, die junge Norwegerin hat sich anders entschieden. Ihre Seekrankheit während der Überfahrt von Fuerteventura war zu schlimm, sie wird den klassischen Weg über den Ozean nehmen – per Flugzeug. Allerdings haben wir uns auch mit ihr gut verstanden, also werden wir sie, voraus gesetzt, dass alles so läuft, wie wir es planen, auf der anderen Seite wiedersehen werden.

Vulkangipfel auf Santo Antão
Vulkangipfel auf Santo Antão

Damit es so weit kommt, stehen jetzt aber erstmal Reparaturen auf der „Libertalia“ an. Die Schäden von dem Törn von den Kanarischen Inseln bis hier wollen behoben werden. Wie uns geht es eigenlich den meisten andern Seglern im Hafen auch. Jeder hier hat einen langen Weg hinter sich und es macht den Anschein, dass kaum ein Boot diesen Törn ohne jeden Schaden besteht.

Und jeder hier will eigentlich bald weiter, die Kapverden sind nur eine Zwischenstation auf dem halben Weg über den Atlantischen Ozean. Die Kapitäne und Crews der Segelboote im Sporthafen sind von morgens früh bis abends spät bei der Arbeit: Irgendwo läuft immer eine Bohrmaschine oder eine Flex, Hammerschläge hallen über das hellblaue Hafenwasser und Sägen kreischen durch die Seeluft.

Immer wieder ist man dabei auf die Hilfe der „Nachbarn“ angewiesen: Der Franzose neben uns braucht einen Schraubenschlüssel und wir haben zufällig die passende Größe an Bord, irgendein Werkzeug wird immer über die Reling gereicht. Und zwischendurch kommen immer wieder Mitarbeiter des örtlichen Supermarkts „Fragata“ und schieben eine Karavane an Einkaufswagen über die Hafenstege – Proviantierung für das nächste Boot, das seine Reise über den Ozean antritt.

Aperitiv
Aperitiv

Trotz all der Arbeit passen Käpt’n Phil, der Amerikaner Kyle und ich gut auf, dass der Spaß nicht zu kurz kommt: Wir haben eingige Bars und Diskotheken hier in Mindelo ausgekundschaftet, wir waren baden am Stadtstrand und haben Wanderungen auf den Bergen der Nachbarinsel Santo Antão unternommen.

Außerdem wurde auch immer mal wieder das Werkzeug beseite gelegt, um mit dem Franzosen vom Nachbarboot ein Aperitiv zu genießen. Außerdem haben wir das Glück, dass hier auf den Kapverden der Karneval groß gefeiert wird. Die Vorbereitungen dafür laufen, und sie bestehen vor allem darin, dass der örtliche Sambaverein übt. Dafür ziehen die Musiker mit Pauken und Trompeten durch die Straßen – schon jetzt gefolgt von einigen Tausend feierfreudiger Menschen. Das bunte und fröhliche Treiben ließen wir uns selbstverständlich nicht entgehen.

Auf der anderen Seite des Atlantiks werden wir dann die Gelegenheit haben, das brasilianische Original kennen zu lernen. Wenn wir die Überfahrt ohne Probleme überstehen, sollten wir pünktlich zu dem Spektakel in Recife am östlichsten Zipfel Brasiliens ankommen. Etwa zwei Wochen werden wir die Seeluft genießen, dabei ungefähr 1700 Seemeilen hinter uns bringen und den Äquator überqueren. Vorher werden wir es sein, die massenhaft Proviant geliefert bekommen. Und bestimmt finden sich dann auch einige von unseren Seglerfreunden, die uns mit ihren Tröten und Schiffshörnern gebührend verabschieden.

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Verrückte Willkommensparty in Brasilien

Nach 16 Tagen absoluter Einsamkeit auf dem Atlantischen Ozean erwartete uns in der brasilianischen Hafenstadt Recife absolutes Kontrastprogramm: Wir hatten kaum unser erstes Anlegebier geleert, stieg ein gigantisches Feuerwerk in den Himmel über unserem Ponton – Startschuss für den Karneval! Was für ein Willkommensgruß!

Und: Wie hatten wir auf See gehofft, dass wir es rechtzeitig zum Beginn des Karnevals hier her schafften! Trotz einiger weiterer Anlegebiere entschieden wir uns jedoch erstmal auszuschlafen und dann am nächsten Tag unsere persönliche Der-Ozean-ist-überquert-Party zusammen mit den Brasilianern zu feiern.

Willkommen zum Karneval in Brasilien!
Willkommen zum Karneval in Brasilien!

Eine gute Entscheidung, denn am nächsten morgen kam auch Cecilie wieder an Bord, diesmal zusammen mit ihrer ebenfalls norwegischen Freundin Alice an Bord. Cecilie war schon  von Fuerteventura nach Kap Verde mit uns gesegelt, hatte sich dann jedoch entschieden, den schnellen und sicheren Weg nach Brasilien zu nehmen – per Flugzeug.

Hey! Ich bin eine Überschrift, bitte ändere mich

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So war unser Karnevalstrupp von der Libertalia komplett und wir bereit für den legendären Karneval in Brasilien. Also zogen wir schon morgens in die Innenstadt Recifes, um bloß nichts zu verpassen. Dort angekommen bot sich uns ein spektakuläres Bild: Trotz der frühen Tageszeit schien wirklich  jeder Einzelne von den anderthalb Millionen Einwohnern Recifes hier zu sein und zu tanzen und zu trinken, zu singen und, vielleicht vor allem anderen, wild herum zu flirten.

Schnell hatten auch wir unsere erste „Latao“ (große Dose Bier) in der Hand und stürzten uns mitten in das Getümmel. Hunderttausende schweißverklebte Körper schoben sich bei über vierzig Grad in der prallen Sonne durch die Stadt, immer wieder bahnten sich die trommelnden Batucadazüge und die bunten Wagen den Weg durch durch die Menge.

So mancher Flipflop ging verloren, und bei der Enge und der euphorisch-guten Laune bei uns und um uns herum, war es geradezu unmöglich, auf die Schnell keine brasilianischen Freunde zu finden. So wurde unsere kleine Reisegruppe immer größer, wir tanzten bis in den späten Abend  durch die Straßen Recifes und genossen unsere Euphorie nach der Ozeanüberquerung.

Die Reisegruppe "Karneval": Weltradler Arne, Käpt'n Phil, Bruder Leichtfuss, Amerikaner Kyle, Weltradler Johannes, Norwegerinnen Cecilie und Alice
Die Reisegruppe „Karneval“: Weltradler Arne, Käpt’n Phil, Bruder Leichtfuss, Amerikaner Kyle, Weltradler Johannes und die Norwegerinnen Cecilie und Alice

So ausgelassen wir am ersten Karnevalstag feierten, so wenig konnten wir uns vorstellen, dass das alles jetzt für eine Woche einfach so weiter geht – ging es aber. Diese verrückte Veranstaltung ist wohl so ziemlich das wichtigste Fest für jeden Brasilianer zwischen null und neunzig Jahren. Niemand arbeitet in dieser Woche, jedes Geschäft ist geschlossen.

Das heißt einige Läden machen nicht zu, räumen nur ihre Waren ins Lager und handeln statt dessen ausschließlich mit Bier, Verkauf direkt von der Palette. Für uns entstanden dadurch kleinere Problemchen, so gab es nirgendwo ein geöffnetes Internetcafe geschweige denn SIM-Karten zu kaufen, weshalb dieser Bericht auch ein wenig verspätet erscheint.

Außerdem wird auch in Banken nicht gearbeitet, so dass es schwierig war, an brasilianisches Geld zu kommen. Wir beschlossen aber einfach, solche Probleme aus der „echten“ Welt einfach erstmal zu ignorieren, konzentrierten uns auf unseren selbst gestellten Auftrag zur Völkerverständigung und zogen kurz gesagt tagelang feiernd durch die Straßen.

Irgendwann im Laufe des Karnevals waren auch wir locker genug für peinliche Verkleidungen
Irgendwann im Laufe des Karnevals waren auch wir locker genug für peinliche Verkleidungen

Schnell machten wir die Entdeckung, dass im Norden von Recife die alte Stadt Olinda liegt, die mittlerweile eigentlich ein Stadtteil von Recife geworden ist. Hier war der Karneval besonders ausgelassen und exzessiv, oder einfach besonders „brasilianisch“, wie mir ein Brasilianer erklärte, der hierher extra aus dem bekannten Rio de Janeiro angereist war: „Hier ist der Karneval noch original und keine riesige Touristenbelustigung.“, sagte er noch und verschwand wieder singend in der Menge.

Irgendwie geht es mir immer so, wenn ich auf Reisen bin: Das Glück treibt mich ständig zur richtigen Zeit an den richtigen Ort.

Hier geht’s zum letzten Artikel von See!

Und hier zur Übersicht des ganzen Abenteuers.

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Seeunfälle und Glücksmomente auf dem Weg zu den Kapverdischen Inseln (4)

Ich sitze gerade bei einer Tasse Tee unter Deck, als ich meinen Kapitän rufen höre: „Alle Mann an Deck!“. Obwohl die „Libertalia“ bereits hundert Seemeilen südlich der Kanarischen Inseln Richtung Äquator segelt, ist es ganz schön kühl auf dem Atlantik.

Der Seewind weht kräftig, fast stürmisch aus Norden, immer wieder spritzt Gischt an Deck, die Crew trägt dicke Pullis und wasserfeste Kleidung und eine wärmende Tasse Tee zwischendurch tut manchmal Not. Meine Tasse muss jetzt jedoch warten, ich stürme, wie die anderen Crewmitglieder Kyle und Cecilia, an Deck. Erschrocken stellen wir fest, dass der Mastbaum des Besansegels unter der Kraft des Windes gebrochen ist.

Kein erfreulicher Moment, aber ich war mir schon vor Beginn meines Weges per Anhalter über den Atlantik klar darüber, dass ich nicht nur in Hängematten liegen werde, um mich zu bräunen. Und natürlich gibt es auch immer wieder Minuten und Stunden, in der die Crew des Segelboots „Libertalia“ einfach nur das Leben genießt.

Auf See sind es die Kleinigkeiten, die uns erfreuen: Ein einfacher Blick in Richtung Horizont fesselt mich manchmal stundenlang, der Amerikaner Kyle übt sich in Hochseenavigation und feiert jeden Breitengrad, den wir überqueren. Währenddessen genießt Käpt’n Phil vor allem die Momente, in denen seine geliebte „Libertalia“ mit vollem Wind in ihren Segeln regelmäßig durch die Wellenberge gen Süden stampft.

Im Moment jedoch ist davon nichts zu spüren. Wir sind alle geschockt. Vor allem die junge Norwegerin Cecilie ist ziemlich bleich im Gesicht. Doch jetzt gilt es, den Schaden abzuschätzen und zu retten, was zu retten ist. Kyle entdeckt, dass auch unser Genuasegel etwas abbekommen hat, der plötzliche Schlag hat das Kugellager des Rollreffs zerschmettert.

Wir kämpfen mit den Segeln, versuchen, sie erstmal zu bergen. Gar nicht so leicht, die ganzen Leinen, die vom Wind hin und her geschlagen werden, zu entwirren und zu entknoten. Vor allem, weil es schon eine kleine Herausforderung ist, selber nicht hin zu fallen und zu Schaden zu kommen: Die Wellen sind hoch im Moment, vielleicht vier Meter, und die Libertalia „geigt“ ganz ordentlich, wie der Seemann es nennt, wenn ein Boot im Seegang hin und her schaukelt.

Bruder Leichtfuss beim Brot backen
Bruder Leichtfuss beim Brot backen

Unter Deck haben wir uns an das Schaukeln eigentlich ziemlich schnell gewöhnt, nur gelegentlich stößt sich noch jemand den Kopf oder stolpert ein wenig. Nur das Kochen ist nach wie vor ein Problem: Immer wieder läuft etwas über, wenn mal wieder eine besonders hohe Welle herangerauscht ist.

Trotzdem schaffen wir es irgendwie, jeden Tag zumindest eine warme Mahlzeit auf den Tisch zu bekommen, über die wir dann gierig herfallen – Seeluft macht hungrig. Eine unserer größten Freuden ist unser morgentliches Pfannenbrot. Auf Fuerteventura hat mir ein Kapitän vom Nachbarboot beigebracht, wie es geht, Brot zu backen auf dem Methanolkocher, ohne Ofen.

Jetzt merken wir, wie wertvoll das war. Jeden Morgen, wenn ich wach werde, blicken mich drei Augenpaare erwartungsvoll an: „Hast du gestern den Brotteig angesetzt?“. Ich gebe mein Bestes, die Erwartungen zu erfüllen, meist rühre ich den Teig in ruhigeren Minuten in meinen Nachtschichten an. Mittlerweile bin ich ganz geübt darin, es klappt trotz der Wellen eigentlich jede Nacht und schon nach wenigen Nächten begann ich, das Rezept hier und da ein wenig ab zu ändern, so dass das kostbare Brot jetzt schon ganz nach unserem Geschmack ist. Duftendes und frisches Mischbrot mit einer dicken Portion Rührei, eine Tasse Kaffee an Deck und der weite Blick über die See – so einfach kann es sein, sich voll und ganz zufrieden und glücklich zu fühlen.

Nur Cecilie, die 23jährige Norwegerin, hat wenige, solcher Momente. Die Arme ist fast die ganze Zeit seekrank. Vielleicht war es doch ein wenig zu mutig, diesen Trip ohne jegliche Segelerfahrung an zu treten. Es ist schon besser, zunächst einige Tagestrips bei schönem Segelwetter zu machen, dann vielleicht mal eine Nachtfahrt und dann irgendwann den ganz großen Schlag über den Ozean. Aber das Mädel ist sehr tapfer und macht so gut wie alle ihrer Wachschichten. Wir Männer rechnen ihr das hoch an, denn wir wissen, dass Seekrankheit sich einfach nur unzumutbar schrecklich anfühlen muss. Manchmal liefern wir ihr das wenige Essen, das sie verträgt, an ihre Koje, viel mehr können wir leider nicht für sie tun.

Phil und Kyle kümmern sich um das Genua-Paket
Phil und Kyle kümmern sich um das Genua-Paket

Momentan spielt die Musik eh woanders: Oben an Deck tobt der Atlantik, Käpt’n Phil, Kyle und ich kommen ordentlich ins Schwitzen. Trotzdem lachen wir viel bei der Arbeit und wir kommen voran: Beim Besansegel haben wir impovisiert und eine Lösung gefunden, wie wir es auch ohne Baum benutzen können. Nicht optimal, aber es funktioniert. Jetzt kämpfen wir mit dem Vorsegel. Wegen des kaputten Kugellagers können wir es nicht verkleinern, sollte der Wind weiter zunehmen, wäre es wirklich gefährlich, für uns und für die „Libertalia“. Kyle hängt wagemutig über Bord, nur die Sicherungsleine verhindert, dass er in den Ozean fällt. Der Plan ist, das Segel von Hand um das Vorstag zu einer dicken Wurst zusammen zu wickeln, doch der Wind hat eine unheimliche Kraft. Immer wieder reißt er unser Paket wieder auseinander und wir müssen von vorne anfangen.

Nach einigen Stunden gelingt es uns schließlich und wir klettern glücklich den Niedergang herunter. Unsere Arme sind schwer und wir spüren den Muskelkater schon kommen. Doch Käpt’n Phil schmunzelt schelmisch in die Runde und sagt: „Wir müssen schon ein bisschen verrückt sein, dass uns selbst so eine Aktion noch Spaß macht!“. Kyle und ich grinsen und geben ihm Recht. Unser Weg in Richtung Südwesten geht also weiter: Schon morgen sollten wir tropische Breiten erreichen, es wird täglich wärmer, schon in einigen Tagen werden wir auf den Kapverdischen Inseln am Strand liegen. Jetzt aber gibt es für alle erst einmal eine Tasse Tee.

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Neues Boot, neuer Käpt’n und neue Freunde auf Fuerteventura (3)

Der starke Schiffsdiesel dröhnt laut, vom Seegang des Atlantiks spüren die Passagiere kaum etwas, hier oben, an Deck der riesigen Fähre von Gran Canaria nach Fuerteventura. Dafür genießen sie ihr Eis und ihre Cappucinos, den Ausblick auf die tiefblaue See und auf die Insel Gran Canaria. Mich dagegen plagt das schlechte Gewissen: Statt wie sonst per Anhalter auf Segelbooten unterwegs zu sein, reise ich heute als ganz normal zahlender Fahrgast per Linienfähre nach Fuerteventura.

Aber es gibt einen sehr guten Grund dafür: Ich habe meine nächste Mitfahrgelegenheit gefunden – mit der Segelyacht „Libertalia“ geht es in den nächsten Wochen von Fuerteventura aus über die Kapverdischen Inseln nach Brasilien. Vor zwei Tagen erreichte mich der Anruf von Phil, dem deutschen Kapitän der „Libertalia“, heute morgen habe ich mich von Randy und seiner „Mystique“, die mich von Gibraltar auf die Kanarischen Inseln gebracht hatten, verabschiedet.

Die "Libertalia", meine nächste Mitfahrgelegenheit
Die „Libertalia“, meine nächste Mitfahrgelegenheit

Mit meinem nächsten Boot verbindet mich schon eine längere Geschichte. Vor etwa anderthalb Jahren machte ich meine allerersten Segelerfahrungen mit Phil und der „Libertalia“. Damals, vor der portugiesischen Atlantikküste, an Deck dieses 14 Meter langen Stahlboots wurde meine Idee von der Ozeanüberquerung per Anhalter geboren.

Ich hielt seitdem Kontakt zu meinem alten Käpt’n und wusste deshalb schon länger von Phils Plänen, in diesem Winter über den Ozean zu segeln. Klar, dass ich mich schon vor meiner Abreise aus Deutschland im Herbst bei ihm meldete und nach einer freien Koje erkundigte. Damals lautete die Antwort noch „Sorry, Timo, aber ich habe schon jeden Platz vergeben.“. Ich musste mich mit der ersten Position auf der Warteliste zufrieden geben. Kurz, nachem Randy und ich dann unsere Leinen auf Gracn Canaria fest gemacht hatten, kam Phils Mail: Eine Koje sei, wie auch immer, frei geworden, und dies sei jetzt mein Platz für den großen Törn über den Atlantischen Ozean.

Außer mir und dem Kapitän werden noch zwei weitere Crewmitglieder das Abenteuer auf See angehen: der 25jährige Amerikaner Kyle reist so zu sagen auf den Spuren seines Vaters, der noch vor den Zeiten von Selbststeueranlage und Satellitennavigation über den großen Teich segelte. Cecilie ist das einzige Mädel an Bord, die Norwegerin ist 23 Jahre alt und arbeitete zuletzt als Geologin an Bord eines großen Forschungsschiff auf der Nordsee. Die gesamte Crew kann es kaum erwarten, endlich die Leinen los zu machen.

Auch ein neuer Grill musste gebaut werden.
Auch ein neuer Grill musste gebaut werden.

Jedoch ist es, wie für uns auch für die „Libertalia“ die erste Atlantiküberquerung. Also gibt es noch allerlei vor zu bereiten, Crew und Boot wollen fit gemacht werden für eine anstrengende Zeit auf See. Unser Kapitän installiert neue Solarzellen, die uns draußen auf See mit Strom versorgen sollen, Kyle und ich flicken Segel und kümmern uns um neue Wasseranschlüsse.

Eine Salzwasserleitung soll unterwegs helfen, kostbares Trinkwasser zu sparen. Während dessen versucht Cecilie etwas Ordnung zu halten in dieser Männer-WG auf See und sorgt für ein tägliches Pfannkuchenfrühstück, um „ihre“ Kerle bei Laune zu halten.

Unser 32jähriger Käpt’n Phil lebt seit knapp drei Jahren auf seiner „Libertalia“ und ist seitdem von Belgien aus bis hierher gesegelt. Er liebt sein Leben auf See: „Mein Boot verlasse ich erst, wenn ich es versenkt habe“, sagt er, „und dann werde ich mir sofort ein Neues besorgen!“. Der gebürtige Aachener fühlt sich als echter Weltbürger, spricht fünf Sprachen und genießt es immer wieder, in kleinen Hafenörtchen entlang seiner Route um die Welt, Kontakte zu knüpfen und für einige Zeit ein Zuhause zu finden.

Nach seinem Wirtschaftsstudium wäre sein „Leben fast in die völlig falsche Richtung gegangen“, wie er es formuliert. Ein Leben im Dienst einer erfolgreichen Karriere in der Wirtschaft, das wäre für ihn ein Albtraum. Gemerkt hat Käpt’n Phil das nach seinem Studium während eines Rucksacktrips in Brasilien, der Trip dehnte sich immer länger und zurück ging es schlussendlich erst nach drei Jahren.

Um sein „Zigeunerleben“, wie er es nennt, leben und auch bezahlen zu können, hat Phil sich den passenden Job selber zurecht geschneidert: Per Email übersetzt er Verträge und Werbetexte für internationale Unternehmen. So ist der Piratenfan an keinen Ort gebunden, um die nötigen Euros für Hafengebühren und seineb Proviant auf der „Libertalia“ zu verdienen.

Crazy-Peter
Crazy-Peter

Im Sporthafen von Gran Tarajal sind Phil und Kyle jetzt dabei, den Außenbordmotor für das Beiboot wieder fit zu machen. An der brasilianischen Küste gibt es viel weniger Häfen als auf der europäischen Seite des Atlantiks, so dass die „Libertalia“ hauptsächlich in verschiedenen Buchten vor Anker liegen wird.

Das Beiboot wird dann die einzige Verbindung zum Land sein, ein funktionierender Motor würde das Leben an der südamrikanischen Westküste also sehr erleichtern. Gerade, als Phil und Kyle an dem vier PS starken Zweitakter von Yamaha zu verzweifeln drohen, kommt die Rettung über das Dock geschlendert. „Crazy-Peter“, ein 52jähriger Engländer, hat sich seinen Beinamen durch wochenlanges Ankern in der Bucht von Gran Tarajal verdient. Bei Ostwind und starkem Wellengang ein ganz und gar ungemütliches Unterfangen, „aber die Kohle für den Hafen spare ich mir so“, sagt Peter.

Seit zehn Jahren lebt er auf seinem neun Meter kurzem Segelboot und betont gerne, dass er in dieser Zeit 120.000 Seemeilen zurück gelegt hat, also rechnerisch die Welt fast fünf Mal umrundet hat. „Lasst mich mal schauen! Das ist ein Yamahamotor aus den 80er Jahren, die Dinger sind kugelsicher und unzerstörbar!“, sagt er und hantiert für einige Minuten im Innenleben unseres Motors herum. Jetzt zieht er zweimal an der Anlasserleine, die Maschine raucht ein wenig und – läuft! Jubel auf der „Libertalia“!

Phil, Kyle und vor allem „Crazy-Peter“ haben sich jetzt eine Dose „Tropical“, dem lokalen, kanarischen Bier, verdient. Während die drei an Deck sitzen und sich Seemannsgeschichten erzählen, nutze ich die Gelegenheit und drehe eine Runde mit dem roten Schlauchboot durch den Hafen.

Dabei habe ich Mühe, nicht all zu breit zu grinsen: es macht Spaß, und außerdem wird mir klar: Unser Segelboot jetzt bereit für den großen Schlag, bald wird es losgehen Richtung Südwesten. Den nächsten Stopp planen wir auf den Kapverdischen Inseln, einer Inselgruppe mitten im Atlantik, eintausend Seemeilen südwestlich von Fuerteventura. Mein Abenteuer geht also weiter: per Anhalter über den Atlantik, nur mit der Kraft des Windes in den Segeln. Auf einem winzigen Boot, ohne das Dröhnen eines Schiffsdiesels und ohne schlechtes Gewissen.

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Seemannskonzert im Yachthafen von Gran Canaria (2)

Vom Bordradio des Nachbarbootes plärren spanische Schlagerklänge, müde kreischen einige Möven und von der kleinen Bootswerft nebenan klingen vereinzelt helle Klänge von den Werkzeugen der Bootsmechaniker. Die Sonne knallt vom Dezemberhimmel und eine mäßige Brise aus dem Norden lässt hunderte Bootsstaagen sehr leise, aber konstant heulen, was das Hafenkonzert an diesem lauen Nachmittag im Sportboothafen von Las Palmas de Gran Canaria vollendet.

Beim Polieren
Beim Polieren

Die „Mystique“, das Segelboot, das mich auf meinem Weg per Anhalter über den Atlantik von Gibraltar nach Gran Canaria gebracht hat, hat während des Törns ganze Arbeit geleistet und sich deshalb ein wenig Pflege verdient. Während also Randy hoch oben im Mast die Blessuren, die seine Positionslichter auf der Überfahrt erlitten haben, verarztet, poliere ich sämtliche Chromteile an Deck.

Das ist nicht nur aus kosmetischer Sicht notwendig: Das Salzwasser greift den Stahl sehr stark an und nach einer längeren Fahrt, wie der letzten, bildet sich sofort eine leichte Rostschicht. Ich genieße diese gemütliche Arbeit, schenkt sie doch auch mir ein wenig Erholung von den Anstrengungen unserer fünftägigen Seefahrt bis hierher.

Ab und an winke ich dem Italiener von nebenan zu und bedanke mich auf Spanisch für seine Musikauswahl, mit deren Lautstärke er unser ganzes Dock beglückt. Er spricht zwar kein Spanisch, aber er scheint mein „gracias por la musica“ zu verstehen, denn er dreht noch einmal lauter.

Mich stört es nicht, und es gäbe überhaupt kaum etwas, was mich an diesem Nachmittag stören könnte: Heute morgen erreichte mich die Email von Phil, einem deutschen Kapitän, der gerade mit seinem Boot vor Fuerteventura liegt und demnächst Richtung Kapverdische Inseln ablegen möchte. Nächste Woche würde bei ihm eine Koje frei, das könne dann meine sein. Klar sagte ich zu! Ich bin ziemlich glücklich darüber, denn das schwarze Brett im Hafen von Gran Canaria ist randvoll mit Zetteln von Leuten wie mir, Anhaltern auf dem Ozean auf der Suche nach dem nächsten Boot.

Käpt'n Randy im Mast
Käpt’n Randy im Mast

Während ich poliere, kommt immer wieder jemand vorbei: „Suchst du noch Crew?“, tönt es auch gerne mal mehrstimmig durch den Zaun auf das Dock. Eine Ungarin wird schon seit Tagen nicht müde mit ihren Versuchen, die Kapitäne zu überreden, sie mitzunehmen, eine Französin versucht, sie mit ihrem Flötenspiel zu beeindrucken.

Ein weiterer Italiener wirbt mit seinen Kochkünsten. Daniel, so sein Name, wird in den nächsten Tagen sein Boot Richtung Karibik finden. Chris dagegen, ein Engländer von etwa vierzig Jahren, hatte bislang weniger Glück, obwohl er eine Menge Erfahrung auf Segelbooten hat. „Jetzt bin ich schon vier Wochen in Las Palmas und langsam bin nervt mich die Warterei“, klagt er sein Leid. Ich schaue mir das Treiben an, versuche, meine Tramperkollegen mit meiner Geschichte zu motivieren und freue mich, erst einmal keine Sorgen mehr darüber haben zu müssen, wie ich weiter komme.

Es ist genau die richige Jahreszeit, über den Ozean zu segeln, das wissen auch die Anhalter. Die Hurrican-Saison ist vorbei und der Passatwind bläst zuverlässig aus Nordosten. Viele Fahrtensegler wollen im Dezember starten, entweder, um Weihnachten in der Karibik zu verbringen oder aber, um pünktlich zum Karneval in Brasilien anzukommen.

Vor kurzem sind von Las Palmas aus hunderte Segelboote mit der größten Ozeanralley für Amateursegler, der „Atlantic Ralley for Cruisers“ mit dem Ziel Saint Lucia in See gestochen. Ab und an laufen tief betrübte Kapitäne mit ihren traurigen Crews und beschädigten Booten in den Hafen ein und suchen Trost bei anderen Segelfreunden.

Seebären Mike und Randy
Seebären Mike und Randy

Den finden sie abends vor allem in der „Sailors Bar“, einer urigen Hafenkneipe direkt an der Kaimauer. Hier beratschlagen sich die Segler aus dem Hafen über optimale Routen über die Meere und Ozeane, die Aufbewahrung von frischen Obst und Gemüse und vor allem geben sie sich Tipps für die verschiedensten Reparaturen an Bord. Randy sitzt schon eine Weile hier, als ich das Polieren nach Sonnenuntergang aufgegeben habe und ebenfalls dort eintrudle.

Er hält ein Bier in der Hand und unterhält sich mit Mike, einem amerikanischen Seebären alter Schule. Weißer Rauschebart, silberner Pferdezopf und braune, wettergegerbte Haut, auch die Tätowierungen auf den Unterarmen fehlen nicht. Die beiden sind in ihr Gespräch über vergangene und zukünftige Ozeanüberquerungen vertieft. Mike ist seit 25 Jahren auf einem nur sieben Meter großen Holzboot unterwegs und hat es in dieser Zeit auf beeindruckende 18 Atlantiküberquerungen gebracht. „Atlantiküberquerungen sind im Passatwind eigentlich ein Kinderspiel“, sagt er, „der Törn hier herunter von Spanien aus kann viel kabbeliger werden“.

Er muss es ja wissen, denke ich, und auch Randy ist seiner Meinung. Überhaupt ist das Gespräch der beiden eine einzige Schwärmerei vom Leben auf dem Ozean. „Bislang war ich jedes Mal traurig, wenn ich wieder in die Nähe des Schmutzes kam“, wobei er mit „Schmutz“ wohl das Land meint. „Ich habe sogar schon Reffs ins Segel gemacht, nur um länger auf See zu sein!“. Mike bestellt sich noch ein großes Glas Congnac und ein „Tropical“, das kanarische Bier, für Randy. Die beiden Seefahrer werden noch lange diskutieren heute Nacht. Ich dagegen verabschiede mich, um gemächlich „nach Hause“, also zurück an Bord der „Mystique“, zu schlendern.

Ich bin müde, aber sehr zufrieden mit mir und der Welt um mich herum. Die Klänge der Musik aus der „Sailors Bar“ werden hinter mir langsam leiser in dieser klaren Nacht. Die Sterne funkeln am Himmel und es sind kaum noch Geräusche zu hören. Die Bootsmechaniker haben längst Feierabend, und wer nicht, wie Randy und Mike, in der Sailors Bar sitzt und den Tag ausklingen lässt, liegt längst in seiner Koje. Die Temperaturen sind merklich abgekühlt, zum Glück ist auch der Wind fast eingeschlafen. Und so ist das Plätschern des Wassers am Rumpf der „Mystique“ für mich der letzte Klang meines kleinen Adventskonzerts von Las Palmas de Gran Canaria.

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