Mein Auftrag am letzten Dienstag hieß: So schnell wie möglich ins Hotel Mama! Morgens verließ ich die Libertalia mit meiner letzten Aufgabe im Gepäck: Von Land aus Fotos vom Segelboot zu machen. Ziemlich viel verlangt von mir: mein Abschied wurde nicht erleichtert dadurch, dass ich dem Boot beim Auslaufen aus dem Hafen auch noch eine halbe Stunde hinterher schauen muss. Andererseits mag ich es manchmal ja auch, ein wenig sentimental unterwegs zu sein. Und die Libertalia ist ja nun wirklich fotografierenswert.
Irgendwann hatte ich mich von diesem schaurig schönen Anblick erholt und war Richtung Autobahnzubringer von Aguadulce, dem Stadtteil Almerias, in dem wir vor Hafen lagen, gelaufen. Dort ergab sich dann für mich wieder das alte Bild: Mein Rucksack an der Autobahn.
Ziemlich schnell wurde ich von einem Pärchen mitgenommen, allerdings nur zwei Abfahrten weiter. Dort allerdings stand ich dann den kompletten Nachmittag. Diese Autobahnauffahrten sind einfach nicht die optimalen Standorte, das hatte ich ja schon in Nordspanien gelernt. Ich hörte eine ganze Menge Musik, brauchte den allergrößten Teil meines mp3-Player-Akkus auf, bis endlich ein weiteres älteres Paar Erbarmen hatte, und mich weiter brachte.
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Wieder nur eine kleinere Distanz, aber immerhin zu einem großen Rasthof mit Tankstelle, Restaurant und allem Pipapo. Hier kann man Leute dirket ansprechen, wodurch sie Vertrauen finden können. Leider war es mittlerweile Abend und ich sollte an diesem Tag kein Glück mehr haben.
Kein guter erster Tag.
Wenn es so weiter gehen würde, würde ich eine Ewigkeit brauchen. Also rollte ich sofort nach Einbruch der Dunkelheit meinen Schlafsack aus und legte mich schlafen, um am nächsten Tag die Abfahrt der übernachtenden Brummifahrer nicht zu verpassen.
Ausnahmsweise habe ich auch nicht verschlafen und lief bei Sonnenaufgang zwischen den Lkws herum und fragte – wieder ohne Glück. Wie gut, dass ich wirklich mit einem großen Vorrat an Geduld ausgestattet bin. Irgendwann entschied ich mich, einfach den Daumen raus zu halten – dann musste ich auch nicht mehr lange warten auf Jed Ahmed, einen sehr freundlichen Marokkaner.
Jed versprach mir, mich in seinem alten Ford bis nach Murcia zu bringen, was mich ganz hoffnungsfroh stimmte. Kurz vor Murcia allerdings fuhr er von der Autobahn ab, er wolle noch einen Freund treffen, auf einen Kaffee. Ich kenne meine lieben Araber noch aus meiner Zeit im Nahen Osten und weiß, das „ein Kaffee“ in der Regel soviel heißt wie „ich habe keine Ahnung, wie lange das dauert“.
So war es dann auch: Aus einem Freund wurden viele, aus einem Kaffee fünf in zwei verschiedenen Bistros. Ich wusste nicht, ob ich amüsiert oder genervt sein sollte. Irgendwann wollte Jed noch einen Freund zu Hause besuchen, der hätte nämlich Tee, und soviel Kaffee sei nicht gut für den Magen. Ich war in einem kleinen Ort irgendwo in der spanischen Pampa, weit weg von der Autobahn, was blieb mir anderes übrig als mitzukommen?
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Bei seinem Kumpel zu Hause gab es dann einige Liter Tee. Und ein großes Essen. Mittlerweile hatten wir vor vier Stunden die Autobahn verlassen, ich hatte mit meinen Bemühungen, Jed zum baldigen Aufbruch zu überreden, resigniert und nahm die ganze Angelegenheit mit Humor.
200 Kilometer Umweg
Ahmeds Kumpel waren extrem gastfreundlich, typische Araber. So durfte ich an dem reichhaltigen Mittagessen teilnehmen und außerdem wurde mir angeboten, eine Dusche zu nehmen, was ich nicht ablehnen konnte. Lange Rede, kurzer Sinn: Irgendwann war Jed soweit, meine Fahrt ging weiter.
Er entschuldigte sich, er habe die Zeit vergessen, aber jetzt sei es auch egal, seinen Termin in Murcia hätte er eh verpasst. Also könne er mich jetzt ja auch einfach nach Valencia bringen, ich sei ja schließlich ein feiner Kerl. Für ihn also ein Umweg von über 200 Kilometern!
Kurz vor Valencia verabschiedeten wir uns, nicht ohne dass er mir vorher an diversen Raststätten diverse Kaffees ausgeben konnte und zum Abschied noch eine große Tüte mit Hühnerfleisch und Brot mitgab.
Nach einer weiteren Freiluftübernachtung an einer Raststätte fand ich morgens ziemlich schnell den Franzosen Petrick. Ein Trucker, der kein Wort englisch, spanisch, deutsch oder sonst irgendeine Sprache sprach. Wir konnten uns also nicht wirklich unterhalten, aber wir verstanden uns trotzdem gut. Ich konnte hinten in seiner Koje schlafen und er lud mich zum Essen ein, inklusive Bier UND Merlot, was er mir so stolz präsentierte, dass ich nicht ablehnen konnte.
Mit Petrick ging es dann noch bis über die spanisch-französische Grenze bis nach Bezier. Er versuchte noch eine Weile, andere Lkw-Fahrer zu motivieren, mich weiter Richtung Deutschland zu bringen, doch auf Anhieb fand sich keiner. Er steckte mir noch eine Dose Linsensuppe zu und half mir sehr engagiert ein neues Schild zu malen, schenkte mir einen Edding und wir verabschiedeten uns.
Ich fragte noch eine Weile herum, dann gab ich auf und streckte wieder den Daumen raus. Erfolgreich – nach sehr kurzer Zeit nahm mich ein französischer Geschäftsmann in meinem Alter mit bis nach Montpellier. Ich erzählte ihm von meinem Trip, er fand es interessant, meinte aber, Urlaub ohne viel Geld könne er sich nicht vorstellen. Das tat mir leid.
Ein perfekter Tramper-Tag
Wie dem auch sei, er brachte mich an eine große Raststätte mit vielen Truckern und viel Verkehr. Also versuchte ich trotz Einbruch der Dunkelheit nochmal mein Glück und fand es. Hier waren schon wieder viele Lkws mit deutschen Kennzeichen unterwegs, in einem davon saß Marek. Ein Pole, der für ein deutsches Unternehmen fährt und daher ein paar Brocken deutsch spricht. Also ging es nochmal weiter, bis nach Lyon, wo Marek Pause machen musste.
980 Kilometer durch halb Spanien und halb Frankreich, das nenne ich einen perfekten Tramp-Tag!
Ich übernachtete nochmal an der Raststätte, baute jetzt auch mein Zelt mal wieder auf, ich hatte Angst, hier so nördlich zu sein, dass ich frieren könnte. Am Freitag dann stieg ich wieder zu Marek in den Lkw. Der wollte zwar nur nach Belgien, aber ich hatte in der ersten halben Stunde des Tages niemanden gefunden, der mich nach Deutschland brachte und so war ich mit dem Lift bis nach Luxemburg erst mal zufrieden. Marek war wieder extrem freundlich zu mir, wieder gab es reichlich zu Essen.
Marek will sich melden, wenn er mal in Hamburg vorbeikommt, gestern bekam ich eine besorgte SMS von ihm, ob ich denn gut angekommen wäre.
Schon toll, wie viele Menschen so gerne so nett und hilfsbereit sind.
Die Raststätte in Luxemburg ist eigentlich ein Tramperparadies. So viel Lkw auf einem Haufen habe ich noch nie gesehen, eine echte Drehscheibe. Hier gibt es billig Benzin und Zigaretten, deshalb kommt hier halb Europa vorbei.
Trotzdem brauchte ich eine Weile, weiteren Anschluss zu finden, komisch. Kurz bevor ich mich schon damit abgefunden hatte, noch eine Nacht im Freien zu verbringen, fand ich eine Gruppe Messebauer, die auf dem Weg von Basel nach Aachen waren.
Aachen ist klasse, denn meine Schwester wohnt bei Köln, so dass sie mich von dort abholen konnte.
das muss ja ein riesen-Abenteuer gewesen sein! Trampen ist auch noch so ein Wunsch von mir…Ich mache hier gerade eher Kultur und Feier-Urlaub in Budapest, aber das macht aber auch richtig Laune 🙂 Vor allem, weil wir hier in unserer Ferienwohnung tolle Leute kennen gelernt haben, die auch sehr gerne Feiern gehen…. liebe Grüße