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Trampen durch Skandinavien

Trampen Skandinavien Deutschland Norwegen

Foto: Warnschild / Shutterstock

Vor kurzem bin ich von Hamburg aus über Dänemark und Schweden nach Norwegen bis nach Bergen per Anhalter gefahren. Welche Route ich genommen habe und welche Erfahrungen ich gemacht habe, gibt’s in diesem Beitrag.

Per Anhalter nach Norwegen

Ich lebe jetzt schon fast ein Jahr in Bergen in Norwegen, bin aber immer noch regelmäßig in Hamburg, Berlin und Ostfriesland. Bislang war ich meist zu bequem, zu knapp bei Kasse oder ich hatte zu wenig Zeit zum Trampen – im März habe ich es endlich mal geschafft, per Anhalter nach Norwegen zu fahren. Wurde auch mal Zeit!

Die Route

Per Anhalter nach Norwegen

Die grobe Route ergibt sich ja von alleine: Von Hamburg aus will ich über Kopenhagen, Malmö, Göteborg und Oslo bis nach Bergen trampen. Es gibt zwei Fragezeichen auf der Strecke:

Fragezeichen #1: Hamburg – Kopenhagen

Gleich bei der ersten Etappe von Hamburg nach Kopenhagen gibt es gleich drei Streckenvarianten, zwei davon enthalten Fährstrecken.

Über Land:

Der Weg über Land ist die längste Variante (474 km) und ich habe sie eigentlich nur in Erwägung gezogen, weil ich bislang noch keine Erfahrungen mit Fähren beim Trampen hatte. Die Strecke würde über die A7 Richtung Dänemark führen und dann weiter über die E45 bis Kolding. Ab dort dann über die E20 bis nach Kopenhagen. Allerdings würde sich wohl kein vernünftiger Autofahrer für sie entscheiden, weil es mit den Fähren einfach schneller und praktischer geht. So ist die Chance winzig, mit nur einem Lift bis nach Kopenhagen zu kommen und ich hätte mit vielen, kurzen Mitfahrgelegenheiten rechnen müssen.

Über Rostock:

Diese Strecke würde zunächst über die  A1 und die A20 Richtung Osten bis nach Rostock gehen. Von dort fährt eine Fähre nach Dänemark. Weiter ginge es über die E47 bis nach Kopenhagen. Kam für mich aber nicht wirklich in Frage, weil auch eine Fähre ab Lübeck-Puttgarten fährt und der Weg direkter ist. Über Rostock nach Dänemark zu trampen, ist aber wahrscheinlich der beste Weg, wenn man aus Richtung Berlin kommt.

Passend dazu: Mein Tramper-Guide

"Trampen - Reisen per Anhalter"

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Über Lübeck:

Für diese Variante habe ich mich entschieden und das war kein Fehler. Von Hamburg nach Lübeck kommt man per Anhalter vom Horner Kreisel (→ in GoogleMaps anschauen) ziemlich schnell und leicht. In Lübeck musste ich in Richtung Puttgarten „umsteigen“, wo die Fähre nach Dänemark ablegt. Kurz geriet ich hier ins Stocken: Von der Abfahrt „HL-Moisling“ in Lübeck brauchte ich insgesamt drei Autos für die 30 Kilometer bis zur nächsten Tankstelle „Neustädter Bucht“.

Etwas mühselig also, aber dafür fand ich hier einen Schweden auf dem Weg nach Stockholm, der mich mitnahm – über Kopenhagen. Die Fähre von Puttgarten legt alle 40 Minuten ab und die Preise für die Überfahrt werden pro Auto gerechnet. Als Tramper zahlt man also nichts. Ein Fußgängerticket kostet 6 Euro, aber es sollte leicht sein, auch in der Warteschlange vor dem Anleger eine Mitfahrgelegenheit zu finden.

Fragezeichen #2: Von Oslo nach Bergen

Beim Trampen von Oslo nach Bergen stellt sich die Frage, ob man den direkten Weg nehmen möchte oder einen Bogen per Anhalter an der Südküste entlang fährt.

Küstenroute:

Die Strecke entlang der norwegischen Küste führt zunächst über die E18 von Oslo bis nach Kristiansand und dann weiter über die E39 vorbei an Stavanger und Haugesund bis Bergen.

Vorteile: Es ist wärmer und es liegen einige Städte auf dem Weg, so dass mehr Verkehr herrscht und es mehr Möglichkeiten für Übernachtungen gibt, falls es an einem Tag nicht klappt.

Nachteil: Diverse Fjorde müssen mit Fähren überquert werden. Hier in Norwegen werden die Fähren meist pro Person abgerechnet und nicht pro Auto – da läppern sich die Kronenbeträge.

Direkter Weg:

Vorteile: Die Strecke ist kürzer und es ist realistischer, sie an einem Tag zu schaffen. Viele Autos fahren den kompletten Weg bis an die norwegische Westküste – entweder bis Haugesund oder bis Bergen.

Nachteil: Es liegen keine größeren Städte auf dem Weg, so dass weniger Verkehr herrscht. Man kommt durch das norwegische Gebirge, wo es sogar im Sommer nachts noch ziemlich kühl werden kann, im Winter ist es sehr kalt und es liegt viel Schnee.

Mehr zum Thema:

Hier findest du mehr → Beiträge über Reisen per Anhalter!

Schau dir außerdem meine → Packliste für Tramper an.

Tipps für Norwegen gibt’s hier und hier.

Extra-Tipp für Tramer: Vor der Reise Englischkenntnisse auffrischen! Geht quasi → nebenbei mit der Sprachlern-App von Babbel.

So bin ich getrampt:

Mein letzter Lift in Schweden brachte mich von Göteborg bis nach Drammen, einer kleineren Stadt westlich von Oslo. Von hier aus kann man dann auf einer der beiden Routen weiterfahren. Ich war etwas ratlos, was die schlauere Entscheidung ist und habe deshalb den Zufall entscheiden lassen: Der erste Fahrer, der hielt, fuhr über die E134 in Richtung Notodden – die direkte Route.

Ende März war es hier oben in den Bergen noch sehr kalt und es lag viel Schnee. Am Ende des ersten Tages in Norwegen verbrachte ich stundenlang an einem kleinen Rastplatz in Åmot, wo es sehr kalt wurde und ich mir Sorgen machte, wie ich die Nacht verbringen könnte. Also genau meine Befürchtung bei dieser Route!

Ich glaube, die schlauere Entscheidung wäre es gewesen, die Küstenroute zu wählen und dann ganz langsam von Stadt zu Stadt zu trampen. Allerdings ist das dann auch die deutlich teurere Variante.

Meine Erfahrungen

Generell sind Tramper in Skandinavien rar. Mehrere Fahrer erzählten mir, ich sei der erste Tramper gewesen, den sie überhaupt jemals an der Straße gesehen hätten! Es kam immer mal wieder vor, dass ich den Leuten erklären musste, was ich wollte, weil sie anfingen, mir eine Wegbeschreibung zu geben.

Einige Wochen später, als ich an der Helgelandkyste im hohen Norden unterwegs war, machte ich jedoch eine andere Erfahrung: Dort hoch oben mitten im Nirgendwo, auf wenig befahrenen Straßen, fand ich auf dem Weg zum Wandern mehrmals sehr schnell Mitfahrgelegenheiten.

Auf meiner Facebookseite quatschte ich mit ein paar Lesern über das Phänomen, dass es auch in Finnland zu geben scheint – eine mögliche Erklärung ist, dass die Leute in Gegenden, in denen man noch mehr auf einander angwiesen sind, einfach hilfsbereiter sind (→ zur Diskussion auf Facebook).

Schwierigkeiten beim Trampen in Norwegen

Norwegens gesamte Infrastruktur ist nicht zu vergleichen mit den Straßen in Deutschland: Es gibt im Grunde genommen keine Autobahnen. Die Europastraßen sind bestenfalls vergleichbar mit unseren Bundesstraßen, an abgelegenen Orten sind es teilweise einfache Landstraßen.

Dazu gibt es in Norwegen außer Oslo, Bergen, Stavanger und Trondheim im Grunde keine echten Städte und Ballungszentren, was das Trampen nicht erleichtert. Das „kleinere“ Drammen, von dem ich weiter oben spreche, hat knappe 100.000 Einwohner und ist Norwegens sechstgrößte Stadt – danach kommen nur noch Städte mit fünfstelligen Einwohnerzahlen. (Zum Vergleich: In Deutschland wäre nur Oslo in der Liste der 20 größten Städte).

Eine weitere Schwierigkeit sind die ganzen Fähren: Selbst auf der „Fähr-ärmeren“ Strecke, der direkten Route zwischen Oslo und Bergen, liegen zwei Fährverbindungen auf der Route. Allerdings können sie das Trampen manchmal auch erleichtern: Die Fähranleger sind immer auch Verkehrsknotenpunkte, an denen Straßen zusammenlaufen. Außerdem müssen die Autos oft auf das nächste Schiff warten und man kann in der Zeit gut Fahrer ansprechen. Auch auf der Fähre kann man seinen nächsten Lift finden.

Warum sich Trampen in Skandinavien trotzdem lohnt

Trotzdem ist das Trampen natürlich in ganz Skandinavien möglich. Es ist sehr sicher, die Menschen sind freundlich und sprechen in der Regel auch ein gutes Englisch.

Das Highlight schlechthin sind die Autostrecken selber. Nicht nur in Norwegen, auch in Schweden und Dänemark führt der Weg immer wieder durch eine abgefahrene Landschaft mit Inseln, Bergen, Gletschern und Fjorden. Oft liegen Tunnel und Brücken auf der Strecke und die ganzen Fährverbindungen können auch einfach großen Spaß machen!

Was ich beim nächsten Mal anders machen würde

Obwohl ich eigentlich genug Zeit hatte, kam ich bei diesem Trip wieder in meinen „Tramp-Rausch“. So nenne ich es, wenn mich diese Art der Fortbewegung so berauscht, dass ich gar nicht aufhören kann und immer noch weiter kommen möchte.

Im Nachhinein hätte ich mir gerne Göteborg und Oslo angeschaut – die beiden Städte habe ich einfach links liegen lassen. Optimalerweise hätte ich auch mein Zelt dabei gehabt und dann vielleicht auch einige Pausentage in der Natur eingelegt.

Info-Quellen zum Trampen in Skandinavien

Hitchwiki.org (deutsch)

Hitchwiki.org (englisch, ausführlicher)

Bei spezielleren Fragen zum Trampen in Skandinavien lohnt sich die Facebookgruppe „HitchGathering“, wo sich fast 10.000 Tramper tummeln. Auch im Unterforum für Tramper bei reddit findet man teilweise gute Antworten.

Habt ihr Erfahrungen mit dem Trampen in Skandinavien?

Ich freue mich über Kommentare!

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