Einmal quer durch Norwegen wandern, vom südlichsten Punkt bis zum Nordkap zu Fuß – viele Wanderer und Norwegenfans träumen von so einer Aktion – Simon Michalowicz hat genau das getan. Im Mai 2013 brach Simon zu seinem Projekt „Norge på langs“ auf und durchwanderte Norwegen der Länge nach.
Ich habe seine Tour schon damals ziemlich gespannt und begeistert auf Simons Blog sozusagen „live“ mitverfolgt und mir eigentlich schon damals überlegt, dass ich unbedingt mit ihm quatschen muss. Und zwar optimalerweise im Rahmen meiner unregelmäßigen Endlos-Serie mit Abenteurer-Interviews.
Bis es dann jetzt wirklich soweit ist, hat es eine Weile gedauert – umso mehr freue ich mich, Simon, den Norwegen-Wanderer schlechthin hier im Interview präsentieren zu können.
Simon, der Norwegen-Wanderer im Interview:
Es gibt ja keine feste Route für Norge på langs. Wie hast du deinen Weg geplant, wo hast du Infos bezogen?
Meine Grundlage für die Planung waren die vielen Blogs, die man im Internet dazu finden kann. Die sind aber zu einem großen Teil auf Norwegisch, auf Deutsch gibt es nahezu keine Infos über die Wanderung, von daher hat es eine Weile gedauert, bis ich mich da durch gekämpft hatte.
Eine große Hilfe waren auch andere NPL-Wanderer, mit denen ich mich ausgetauscht habe. Besonders Martin aus der Schweiz hat mir geholfen, er stand vor demselben Problem wie ich, es gab kaum etwas auf Deutsch und so haben wir uns gegenseitig unterstützt. Zudem gibt es vom DNT super viele Infos im Internet und auch Dienste wie Norge i Bilder sind bei der Planung überaus hilfreich.
Mehr Infos zum Wandern in Norwegen
Hier gibt es mehr Routen und Infos zum → Wandern in Norwegen!
Für die richtige Ausrüstung gibt’s hier → eine Packliste für Wanderungen.
Hier findest noch mehr → Reiseberichte aus Norwegen.
Nach welchen Gesichtspunkten hast du deine Strecke geplant? Worauf hast du am meisten Wert gelegt?
Wichtig ist vor allem eine gute und möglichst direkte Strecke zu finden, bei der man auch noch die meiste Zeit auf Wanderwegen oder im Fjell verbringt. Man hat ja auch nicht ewig Zeit, von daher sollte man sich nicht allzu viele Schlenker oder Extrarunden gönnen.
Ganz klar ist dabei der Weg das Ziel und da lässt man auch schon mal das ein oder andere Highlight links liegen, es zählt ja vor allem, das man irgendwann vor dem Winter am Nordkap ankommen möchte. Und da man sich unterwegs mit Proviant, Landkarten, usw. versorgen muss, gilt es dann auch die Versorgungspunkte und Supermärkte entlang der Strecke mit einzubauen.
Auf jeden Fall geht Effizienz vor, die tollen Gebiete, durch die ich ja oft im Schweinsgalopp gegangen bin, werde ich mir wohl jetzt nach und nach näher ansehen.
Ein paar Worte zur Ausrüstung: Wieviel Gewicht hast du mit der herumgeschleppt? Worauf hättest du locker verzichten können und gab es einen „Luxus“, auf den du unterwegs nicht verzichten wolltest?
Ich bin ja eher der Old-School Typ und gehe eher konservativ an solche Touren heran. Meine Packliste für die lange Wanderung unterscheidet sich dabei kaum von der über zwei Wochen in Rondane zum Beispiel. Mein Grundgewicht im Rucksack lang inklusive dem Fotokram bei ungefähr 17kg. Schon ziemlich viel, allerdings waren dabei alle Dinge so ausgelegt, dass ich auch problemlos bis zu zweistellige Minustemperaturen bewältigen kann, ohne mir den Allerwertesten abzufrieren.
Wenn ich auf etwas hätte verzichten können, dann wäre das die Softshelljacke gewesen, die war echt überflüssig und ich habe sie nur ganz, ganz selten getragen. Mein größter Luxus war mein kuscheliger Schlafsack, der ist wirklich klasse. Und dir als altem Werder-Fan wird vermutlich gefallen, dass ich das Trikot meines Lieblingsvereins durch ganz Norwegen geschleppt habe, um es am Nordkap tragen zu können.
Das gefällt mir allerdings! Aber sag mal: Auf so einer langen Tour passieren ja auch mal unangenehme Dinge. Was war deine größte Katastrophe unterwegs?
Hm, eigentlich würde ich es ja lieber verschweigen, aber ich habe unterwegs mein Zelt verloren! Klingt doof, war es auch! Ich hatte es außen am Rucksack nicht richtig gesichert und dann ist es irgendwann einfach aus den Befestigungsschlaufen am Rucksack gerutscht, ohne dass ich es gemerkt hat. Erst am nächsten Tag fiel mir der Verlust auf – Gott sei Dank war ich an dem Abend auf einer DNT-Hütte, sonst hätte das böse ins Auge gehen können.
Gibt es auch einen „schönsten Moment“ oder zählt da eher das Gesamterlebnis?
Es gab eigentlich eher viele „schönste“ Momente – aber so mit ein wenig Abstand zur Tour kann ich ganz klar sagen, dass das Gesamterlebnis einfach wunderbar war. Alle Erlebnisse, egal ob Hochs oder Tiefs, machen die Wanderung erst zu der, der sie wirklich war.
Denn irgendwie ist es schon so, dass man erst begreift, wie wunderbar manche Momente sind, wenn man bis dorthin viel investiert hat und sich auch oft einfach durchgebissen hat. Denn so eine lange Wanderung ist mit Sicherheit nicht immer nur das reinste Vergnügen, sondern vor allem eines: Harte Arbeit! Aber die Belohnungen dafür sind umso größer!
Du bist ja große Strecken alleine gewandert. Womit beschäftigst du dich während den langen Wanderstunden?
Man kann ganz wunderbar den Gedanken hinterher hängen. Einfach vor sich hin denken kann ganz schön spannend sein. Langweilig wird das irgendwie nie, da kommen Gedanken und Erinnerungen wieder zum Vorschein, die man schon lange vergessen oder als erledigt abgehakt hat. Mir gefällt das, und wenn man dann vielleicht sogar ins „Walkers-High“ kommt, ist sowieso alles super!
Wenn das Wetter stimmt, die Landschaft um einen herum herrlich ist und man auch noch gut vorankommt, dann kommt die positive Stimmung von ganz allein. Und wenn doch mal alles schief läuft, es regnet und man keinen Bock hat, dann kramt man aus dem Rucksack eine Tafel Schokolade und gönnt sich einfach eine Pause. Dann schaltet man den Autopiloten im Kopf ein und weiter geht’s!
Womit hättest du am wenigsten gerechnet, bevor du deine Wanderung gestartet bist?
Das Gefühlschaos am Anfang war schon ziemlich unerwartet, aber das ging schnell vorbei. Auch fand ich es spannend, wie lange es gebraucht hat, bis ich auf der Tour angekommen bin. Was ich aber niemals gedacht habe, war die Aufmerksamkeit, die die Wanderung schon während der Tour erregt hat. Es war unglaublich, wie viele Leute meine Reise verfolgt haben und mir dabei die Daumen gedrückt haben. Das habe ich erst nach meiner Rückkehr so richtig begriffen.
Böse Frage, die du ganz sicher schon Mal gehört hast: Wo war’s am Schönsten? Kannst du Wandergebiete in Norwegen empfehlen, von denen wir noch nicht so viel gehört haben?
Jede Gegend in Norwegen hat seinen eigenen Reiz, von daher würde ich nicht von dem Schönsten Wandergebiet sprechen wollen. Richtig gut gefallen haben mir das Børgefjell, die Gegend rund um den Okstindan oder auch der Øvre Dividal National Park im hohen Norden haben mich echt begeistert. In diese Gegenden möchte ich unbedingt zurückkehren und einmal längere Touren unternehmen, das steht ganz oben auf meiner Liste für die nächste Zeit.
Du bist jetzt zweimal längs durch Norwegen – einmal im Sommer, einmal im Winter. Wie geht’s weiter? Hast du ein anderes Land im Kopf oder bleibst du der Norwegen-Wanderer? Ist schon ein neues Projekt in Planung?
Naja, nicht ganz. Unsere Wintertour mussten wir ja leider nach 800 km aufgeben, das Wetter hat uns da leider einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Neue größere Projekte stehen im Moment nicht direkt an, jedenfalls wenn es um Wandertouren geht.
Die nächste Trekkingtour wird mich wieder, was für eine Überraschung, nach Norwegen führen. Die Flüge haben wir die Tage gebucht. Von daher werde ich Norwegen wohl noch eine ganze Weile treu bleiben. Aber klar, es gibt auch andere reizvolle Ziele, die ich gerne einmal angehen möchte, da stehen dann Island und Patagonien ganz oben auf der Liste, aber das liegt noch in weiter Ferne.
Was wirklich eine große Sache in nächster Zeit wird, ist das tatsächlich ein Buch über meine Wanderung erscheinen wird! Ich bin ziemlich stolz darauf, dass ich gefragt wurde, über meine Erlebnisse in dieser Form zu berichten. Ich freue mich schon sehr darauf, die Leute erneut mit auf meine Wanderung durch Norwegen zu nehmen. Das wird unglaublich spannend und die traumhafte Reise dann wohl gebührend abrunden!
Ich freue mich sehr drauf – vielen Dank für deine Zeit, Simon!
Mehr über Simon und sein Buch:
Auf seinem Blog simonpatur.de hat Simon seinde beiden Norwegen-Durchquerungen mit Abenteuerberichten und tollen Fotos fast komplett dokumentiert – außerdem findest du hier auch Berichte über seine aktuellen Abenteuer.
Simon ist auch bei Facebook, Twitter und Instagram.
Mehr Infos über Simons Buch gibt es zum Beispiel hier.
Hei Simon, hei Timo,
danke euch für das inspirierende Interview! Ich liebäugele damit, mir den Traum von dem Nordkalottleden, nächstes Jahr zu erfüllen, je mehr ich von Fernwanderungen lese, desto eher möchte ich mit der Planung anfangen!
Ich glaub, die größte Schwierigkeit wird für mich die mentale Herausforderung – Woche für Woche für mich alleine zu sein. Wie bist du damit umgegangen?
Eure Norge på langs im Winter habe ich gespannt mitverfolgt – großen Respekt, auch wenn es „nur“ 800 Kilometer wurden!
Wo geht die nächste Tour denn hin?
Liebe Grüße,
Ana
Moinsen Timo!
vielen lieben Dank für das coole Interview! Hat mich sehr gefreut, einmal über unser gemeinsames Lieblingsland zu plaudern! Irgendwie beneide ich dich ein wenig um deinen derzeitigen Wohnsitz! Wird Zeit, dass ich auch mal wieder für länger gen Norden komme. Hoffentlich bald wieder, dann vielleicht ja auch einmal auf einer gemeinsamen Tour, würde mich sehr freuen! Bis dahin wünsche ich dir immer „god tur“ und viele spannende Abenteuer!
Hilsen fra Tübingen
Simon