Reisen per Anhalter sind einfach zu gefährlich – das bekomme ich oft zu hören, wenn ich von meinen Abenteuern per Anhalter erzähle. Warum ich das für ein Vorurteil halte und was man als Tramper für seine Sicherheit tun kann, das möchte ich in diesem Beitrag erklären.
Zunächst einmal habe ich die Erfahrung gemacht, dass die allermeisten Menschen kein Interesse daran haben, jemandem anderen zu schaden. Ein Großteil der Ängste, die die Leute so haben, sind vom Fernsehen gemacht – dort laufen einfach unverhältnismäßig viele Massenmörder herum, die es im wirklichen Leben nicht gibt.
In der echten Welt lassen sich auf Reisen per Anhalter vor allem eine Menge unglaublich netter Menschen kennen lernen. Man kommt an Ziele, auf die man von alleine nie gekommen wäre. Fast jedes Mal, wenn ich als Tramper unterwegs bin, bin ich beeindruckt, wie viele Menschen unheimlich hilfsbereit gegenüber Fremden sind.
Noch ein wichtiges Argument für die Sicherheit beim Trampen liegt auf der Hand, wie ich finde: Wenn ich persönlich einen Raub planen würde, würde ich mir als Opfer niemanden aussuchen, der offensichtlich nicht einmal Geld für den Bus hat 🙂
So reist du sicher per Anhalter:
1. Halte deine Leute auf dem Laufenden!
Das gilt für vor und während deines Tramp-Abenteuers. Auch, wenn es schwierig ist, deinen Freunden und deiner Familie genaue Zeiten und Orte mitzuteilen: Es sollte immer jemanden geben, der weiß was du vorhast.
Während des Trampens genügen dann Kurznachrichten per SMS, Whatsapp oder Facebook: „Fahrer gefunden, müsste in zwei Stunden in Berlin sein“.
2. Notiere das Kennzeichen und verschicke es per SMS!
In dieser Nachricht steht optimalerweise auch das Kennzeichen deines Lifts. So gibt es jemanden, der genau weiß, in welchem Auto du gerade unterwegs bist. Ich schreibe meine SMS meist gleich am Anfang der Fahrt und schön auffällig.
Dann weiß der Fahrer, dass es jemanden gibt, der von meinem Abenteuer weiß – und der sich Sorgen macht, sollte ich mich plötzlich nicht mehr melden.
3. Fahrer ansprechen!
Fahrer an Tank- und Raststätten anzusprechen hat einige Vorteile: Es ist einfacher, das Vertrauen der Fahrer zu gewinnen, wenn du mit ihnen sprechen kannst – und das gilt natürlich auch umgekehrt.
Wenn ein Fahrer dir nicht vertrauenswürdig erscheint, darfst du nicht einsteigen! Wie immer im Leben ist deine wichtigste Waffe der gesunde Menschenverstand. Und noch ein Sicherheitsaspekt spricht für Tankstellen: Hier gibt es in der Regel Überwachungskameras, so lässt sich im absoluten Worst Case leicht herausfinden, mit wem du ins Auto gestiegen bist.
Übrigens ist es auch aus Sicherheitsgründen hilfreich, zumindest Englisch oder sogar die Sprache vor Ort zu sprechen. Ich gönne mir vor Reisen oft einen → Crashkurs mit dieser App zum Sprachen Lernen!
4. Nicht mit Wertsachen protzen!
Im besten Fall hast du beim Trampen gar keine Wertsachen dabei und möglichst wenig Gepäck. Einige Dinge sind jedoch nicht zu vermeiden – präsentiere sie deinem Fahrer nicht zu offensichtlich! Gelegenheit macht Diebe – du musst ja dein Portemonnaie, aus dem die Hunderter heraus schauen, nicht auf das Armaturenbrett legen.
Die größte Gefahr beim Trampen ist der Verkehr!
5. Sicher ein- und aussteigen!
Bei der Wahl deines Tramp-Spots solltest du darauf achten, dass ein Fahrer den Verkehr nicht behindert, wenn er für dich anhält. Schließlich willst du keinen Auffahrunfall provozieren.
Haltebuchten oder breite Seitenstreifen sind solche sicheren Plätze. Dasselbe gilt für’s Aussteigen: Es muss genug Platz sein, die Tür zu öffnen und ein Blick in den Rückspiegel schadet dir hier auch als Beifahrer nicht.
6. Ist das Auto sicher?
Bevor du in ein Auto steigst, verschaffe dir einen Eindruck von der Beschaffenheit des Wagens. Sieht er aus, als hätte er den TÜV zuletzt im letzten Jahrtausend gesehen? Dann solltest du vielleicht sicherheitshalber freundlich ablehnen und auf den nächsten Fahrer warten.
7. Kann der Fahrer fahren?
Dein Fahrer redet wirres Zeug? Seine Pupillen haben die Größe von Stecknadelköpfen oder er riecht wie deine Stammkneipe kurz nach Mitternacht? Dann ist dieser Lift vielleicht nicht der Richtige für dich und es lohnt sich, dich zurück an deinen Spot zu stellen. Das nächste Auto kommt bestimmt!
Schau dir auch meine → Packliste für Reisen per Anhalter an!
Hier findest du mehr Beiträge über’s → Trampen und Reisen per Anhalter!
8. Sei vorbereitet für den „Notfall“!
Es ist EXTREM unwahrscheinlich, aber es kann passieren, dass du irgendwann nicht mehr weiter kommst. Sei vorbereitet für diesen Fall!
Ich habe bei längeren Strecken meist einen Schlafsack und eventuell eine Isomatte im Gepäck, so dass ich im Notfall eigentlich überall einen Schlafplatz finden kann. Neuer Tag, neues Glück! Außerdem ist es ganz gut, eine kleine Bargeldreserve dabei zu haben, so dass du, wenn es ganz unangenehm wird, mit Taxi, Bus oder Bahn weiter reisen kannst.
9. Bewaffnung!
Ist riesiger Unsinn! Zum einen hätte ich viel zu große Skrupel, solche Waffen wirklich zu benutzen (ich hoffe, du auch!). Wenn ich endlich soweit wäre, jemanden eine Ladung Pfefferspray ins Gesicht zu spritzen, wäre ich wahrscheinlich schon zusammen geschlagen, ausgeraubt und der Täter über alle Berge.
Zum anderen, und das ist das sehr viel wahrscheinlichere Szenario: Wenn ein Räuber sehen würde, wie ich mit einer Waffe herum hantiere, würde er mir das Ding aus der Hand reißen und gegen mich verwenden, bevor ich mich dazu entschieden hätte, es selber zu benutzen. Das wäre ein gefährliches und schmerzhaftes Eigentor.
Davon, dass es generell keine gute Idee ist, den Fahrer des Autos, in dem du sitzt, anzugreifen, jetzt mal abgesehen: Waffen machen keinen Ort der Welt sicherer.
Übrigens empfiehlt das auch die Polizei zum Beispiel in Selbsthilfekursen für junge Frauen – Bewaffnung hilft nicht!
Fazit: Schaue weniger fern und benutze deinen gesunden Menschenverstand. Dann ist das Trampen nicht gefährlicher als das Reisen mit U-Bahnen oder Bussen.
Hast du noch Tipps, die das Reisen per Anhalter sicherer machen? Her damit!
Auch ich trampe liebend gern in Deutschland und im Ausland – weiblich und gerade 27 geworden. Der Fall von Sophia nimmt mich entsetzlich mit und ich wollte mal fragen, was ihr dazu meint? Ich denke so viel darüber nach. Sie hatte auch jahrelange Erfahrung und ich bin mir sicher, auch viel Menschenkenntnis.
Hält euch das davon ab, zu trampen?
Abgesehen davon finde ich die Seite und auch diesen Artikel sehr gut und wollte ein Kompliment dafür dalassen.
Herzlich –
Annika
Liebe Annika,
mir gehen die Geschehnisse um Sophia auch ganz schön nah – ein Albtraum! Ihre Freunde und Familie tun mir einfach unendlich leid.
Ich werde trotzdem nicht aufhören zu trampen, weil sich ganz nüchtern betrachtet nichts verändert hat. Sophia hat in meinen Augen, so furchtbar sich das anhört, einfach unglaubliches Pech gehabt. Dass es keine absolute Sicherheit gibt, wusste sie sicher auch. Das ist ja auch gar nicht tramper-spezifisch, absolute Sicherheit gibt es bei keiner Aktivität. Schlimme Dinge passieren überall, aber zum Glück generell sehr selten. Wenn man aktuelle Schlagzeilen als Maßstab dafür nehmen würde, was man in seiner Freizeit tut, dann wären mit der Zeit nicht mehr viele Dinge übrig, die man unternehmen kann.
Dir auch ganz herzliche Grüße – Kopf hoch!
Timo
[…] https://www.bruderleichtfuss.com/trampen-sicherheit/ […]
Hallo zusammen,
ich habe gerade eure Seite und auch andere gelesen. Das Thema Sicherheit beim Trampen ist unverkennbar ein großes. Aber abgesehen davon ob „Er“ oder „Sie“ den Daumen hoch hält, stellt sich für uns gerade die Frage, wie sinnvoll, sicher ist trampen im Winter und auch noch im Ausland?
Warum schreibe ich das? meine Tochter, 19 Jahre, möchte jetzt nach Nepal/Indien reisen. die erste Strecke bis Georgien trampender weise, den Rest mit dem Flieger. Aber was wenn Sie den Notausstieg auf freier Strecke am Nachmittag nimmt? Jetzt im Winter haben viele Hotels, Pensionen zu, weil weit außerhalb der Saison. Sie will Couchsurfen. Aber auch das klappt doch in dieser Jahreszeit nicht so ohne weiteres? Wie wir aus dem Wetter Bericht wissen ist gerade derzeit im Süden recht kalt und unwirtlich. Da ist doch schon alleine das Warten am Straßenrand zumindest gut für eine gesunde Grippe.
Kurzum, ich bin dagegen daß sie so reist, kann sie aber bis jetzt nicht überzeugen.
wie seht Ihr denn das Risiko, im Winter zu trampen?
Moin Michael,
zunächst einmal: Cool, dass du dich mit dem Thema beschäftigst und deine Tochter nicht „einfach so“ abfertigst! Zum Trampen als Frau kann ich (Mann) leider nur wenig sagen. Hier im Blog gibts aber ein paar Berichte dazu. Hier erzählt ein Mädel, wie ihre Tramperfahrungen als Alleinreisende in Nordeuropa waren. Und hier gibts eine Interview mit einer jungen Frau, die per Anhalter nach Malaysia getrampt ist – also eine ähnliche Strecke wie die, die deine Tochter sich vorgenommen hat!
Beim Trampen im Winter spielt die richtige Ausrüstung eine größere Rolle, vor allem für den Fall, den du beschreibst: Der „Notausstieg“ oder wenn man einfach irgendwo im Nirgendwo hängen bleibt. Warme Klamotten und ein Notproviant an Nahrung und Wasser (!) muss man dabei haben, außerdem sollte man über ein kleines Zelt nachdenken und auf jeden Fall einen guten Schlafsack dabei haben. Mehr Ausrünstungs-Tipps für Tramper findest du hier.
Ich hoffe, ich habe euch ein bisschen weiterhelfen können – bei mehr Fragen meldet euch gerne nochmal. Schaut euch auch mal meinen Guide für Tramper an, den es als eBook zu kaufen gibt – da gibt es ein eigenes Kapitel mit Sicherheitstipps!
Beste Grüße,
Timo
Kurz vorweg: Ich bin ein 18jahriges Mädchen und grad auf weltreise. Wenn ich leuten erzähle das ich fast nur hitchhike und abends irgendwo wildzelte weil ich weder für Hostel noch für busse Geld habe schauen sie immer ganz ungläubig und sagen wie mutig ich doch bin alleine als Mädchen sowas zu machen. Bin ich aber gar nicht, ich habe sogar die Erfahrung gemacht das es grade alleine als Mädchen viel einfacher ist einen lift zu bekommen weil sich viele Leute denken, wenn sie mich nicht mitnehmen gerate ich noch an jemand zwielichten, und sozusagen um mich ein bisschen zu beschützen nehmen sie mich mit. Ich musste noch nie länger als eine halbe Stunde warten, und wenn mich mal ein ranger beim wildzelten erwischt hat der meistens auch mitleid mit einem alleinreisenden Mädchen 😀
Also an alle dadraussen, traut euch einfach, ich hatte noch keine einzige schlechte Erfahrung, weder beim trampen noch beim wildzelten noch beim couchsurfen!
„Wenn ich persönlich einen Raub planen würde, würde ich mir als Opfer niemanden aussuchen, der offensichtlich nicht einmal Geld für den Bus hat “
Das sehe ich ganz genau so. Ich glaube sowieso, dass man sich bei der Abschätzung von Gefahren mehr in das Hirn eines (rationellen) Täters versetzen sollte.
Wenn ich jemand ausrauben will, würde ich mir nicht die Mühe machen, auf 100 Autobahneinfahrten nach Anhaltern zu suchen. Da gibt es einfachere und wirksamere Möglichkeiten.
Da würde ich eher vor ein bekannten Kneipe auf Schwerbetrunkene warten. Da muss ich mich mit einer wirksamen Gegenwehr rechnen.
Danke für den interessanten Bericht.
Ich habe den Eindruck, dass Tramper hierzulande eine seltene „Spezies“ geworden sind. Leider.
Für Frauen gibt es allerdings noch ein weiteres Risiko, das du leider nicht erwähnst… Alleine als Frau unterwegs zu sein, ist dann doch nochmal anders – nicht unbedingt gefährlicher. Aber ich würde mich nicht einfach überall mit meinem Schlafsack hinlegen…
Super Tipps! Zum Thema Sicherheit: Ich hab immer so einen kleinen Schlüsselalarm dabei (https://www.globetrotter.de/shop/safety-first-schluesselalarm-117546-schwarz)… soll jetzt keine Werbung sein, aber ich finds super 🙂 Da zieht man einfach dran und es macht entsetzlichen Krach. Das macht zum einen andere auf einem aufmerksam und/oder die Schrecksekunde verschafft einem zumindest Zeit zum weglaufen 🙂 Bin aber grundsätzlich auch der Meinung von Althea… no risk no fun 🙂
haha super, Sabine – ich hab auch so ein schlüsselding, hat mir eine freundin vor 2 jahren geschenkt, eben: aus Sorge um mich. hab es auch tatsächlich meistens mit. gebraucht hab ichs noch nie. aber immer wenn ich draufschau, erinner ich mich erstens dran, dass wer netter sich um mich gesorgt hat und zweitens was für einen krach das kleine ding machen KÖNNTE, wenns mal sein müsste 😉
Also immer wenn ich unterwegs bin nehme ich auch liebend gern Tramper mit. Die meisten haben auch immer eine gute Story zu erzählen oder sind auf langen Fahrten gute und gesellige Beifahrer.. ich bin seit drei Wochen in Kanada unterwegs und habe auch hier schon Leute mitgenommen.. und finde es auch immer gut zu hören das sie zu 99% auf gute Menschen treffen. Also ich bin auf dafür das Trampen safe ist und habe ich selber auch schon in Australien gemacht mit nur positiven Erfahrungen.
danke Timo, ich finde es auch immer ärgerlich, wenn die erste reaktion auf IRGENDWAS sofort mal is: „das ist (zu) gefährlich“ — alles ist gefährlich, und nichts – kommt auf die sichtweise an. mittlerweile glaube ich, dass man mit angst genau die falschen sachen anzieht. oder mit versicherungen … 😉 danke für die tipps trotzdem, laufen alle auf die basis hinaus: menschenverstand einschalten! find ich gut, als reminder.