Von Ceuta, der europäischen Exklave in Afrika, habe ich zwei Ausflüge nach Marokko unternommen, unter anderem, um mir die Grenze zwischen Europa und Afrika anzusehen.
Ich habe auch eine ganze Zeit lang versucht, die berüchtigte Grenzmauer zu finden, die uns reiche Europäer vor den Armen in Afrika beschützen soll. Leider hatte ich aber nicht genug Zeit oder, wie man will, ich habe zu früh aufgegeben. Sie war nicht leicht zu finden, natürlich steht sie in keinem Reiseführer. Also habe ich so einige Leute gefragt, aber nur sehr unterschiedliche Infos bekommen.
Hier sind mal ein paar Bilder vom Grenzübergang, an dem ich mir ein bisschen Zeit zum Fotografieren, Reden und Beobachten genommen habe:
Wieder in Ceuta habe ich mich dann auf die Suche nach dem dortigen Flüchtlingsauffanglager gemacht und es auch gefunden. Hier also kommt ein großer Teil der afrikanischen Flüchtlinge nach Spanien hin, wenn es nicht möglich ist, sie sofort wieder abzuschieben.
Erzählungen aus dem Flüchtlingscamp
Hinter einem mehrere Meter hohen Zaun konnte ich einfache Häuser und viele Menschen erkennen. Mehr leider nicht, denn auch nach längerer Diskussion wollten mich die spanischen Wächter das Tor nicht passieren lassen, was mich sehr geärgert hat. Ich hätte mir gerne angesehen, wie die Flüchtlinge hinter dem Tor leben und wie sie dort behandelt werden, schließlich geschieht das ja alles im Namen der Europäischen Union, also auch in meinem Namen.
Glücklicherweise habe ich vor dem Tor dann eine Gruppe Campbewohner getroffen und angesprochen. Sofort wurde ich von ihnen eingeladen, doch mit ihnen afrikanisch zu essen und ich folgte ihnen ins Gebüsch direkt neben dem Lager. Dort brannte ein Feuer, auf dem Essen zubereitet wurde. Es gab ein Teiggericht namens Baku (oder so ähnlich), von dem die Jungs viel hielten:
Ein Wundermittel, wenn man sich davon satt isst, hat man drei Tage lang keinen Hunger
Die Afrikaner freuten sich sehr, dass ich mit ihnen aß. Mir schmeckte es und sie fingen an, ihre Geschichten zu erzählen. Tustar, ein 22jähriger Junge aus Niger, erzählte von seinem Versuch, von der marokkanischen Küste nach Malaga am spanischen Festland zu schwimmen.
Drei Tage (dank Baku ohne Hunger und Durst, wie er sagte) schwamm er zwischen den großen Containerschiffen Richtung Spanien, bis er von der Küstenwache aufgegriffen wurde und nach Ceuta ins Lager gebracht wurde. Beziehungsweise erst einmal ins Krankenhaus, weil seine Haut so stark ab gepellt war nach Tagen im Salzwasser.
Ein anderer Junge war mehrere Wochen zu Fuß durch die Sahara unterwegs, bevor er von Marokko aus über die Grenze nach Ceuta schwamm. Gerade, wenn man, wie ich gerade, aus dem örtlichen Yachthafen kommt, wo sich steinreiche Leute Personal halten, damit es ihre Luxusyachten poliert und dorthinbringt, wo sie jetzt gerade zu segeln gedenken, machen solche Begegnungen natürlich nachdenklich.
Ich bin mir nicht sicher, was ich von diesem Phänomen halten soll. Die Flüchtlinge haben extrem naive Ideen von ihrem Traum Europa, die sich sicher nicht erfüllen werden. Zudem sind sie teilweise Jahre oder gar Jahrzehnte unterwegs, das kostet ja auch Geld. Sie brauchen zu Essen und zu Trinken, sie bezahlen Schlepper und so weiter.
Also sind diejenigen, die in Europa ankommen, wahrscheinlich gar nicht wirklich die Ärmsten der Armen. In ihrer Heimat wird es Leute geben, die sich so eine Flucht nach Europa gar nicht leisten können. Und trotzdem waren die Jungs, mit denen ich da gegessen habe, wirklich nicht zu beneiden. Sie werden es auch trotz ihrer Abschiebung wieder versuchen.
Vor allem aber rufen mir diese Begegnungen noch mal das Glück der Geburt am “richtigen” Ort zur “richtigen” Zeit, das wir wohl alle haben, in Erinnerung. Umso wichtiger finde ich es, wie wir mit diesem Glück umgehen.
Meiner Meinung nach sollten wir nicht vergessen, es bewusst genießen. Ich versuche das gerade – also mache ich mich auf, zurück in die sorgenfreie Welt der “Libertalia”.
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