An den letzten beiden Januartagen ändert sich das Wetter plötzlich grundlegend. Der Himmel wird dunkler, nur vereinzelt lassen sich kleinere, helle Flecken über uns entdecken. Dafür ziehen immer wieder stahlblaugraue Regenwolken über uns, der Wind hat nachgelassen und ist schließlich komplett eingeschlafen.
Per Anhalter über den Atlantik
Wir befinden uns in der berüchtigten Flautenzone um den Äquator. Hier treffen die Wettersysteme der nördlichen und südlichen Hemisphere aufeinander. Die Folge bekommen wir zu spüren: immer wieder Regen und sehr wenig bis gar kein Wind. Man sagt, dass die großen, weltweiten Segelregatten, meist um den Äquator herum entschieden werden, denn das Flautengebiet verschiebt sich unregelmäßig, der Streifen ist an einigen Stellen kaum vorhanden, an anderen mehrere hundert Seemeilen breit.
Du planst dein eigenes Abenteuer als Mitsegler? → Alle Infos zum Mitsegeln!
Schau dir außerdem meine → Packliste für Mitsegler an!
Und hier geht’s zur Übersicht → Altantiküberquerung als Mitsegler.
Eine große Gefahr hier sind sehr lokal auftretende Gewitter – Käpt’n Phil hat uns allen eingebläut, während unserer Wachschichten besonders auf diese kleinen, fast schwarzen Wolken zu achten.
Die erste Regenwolke begrüßen wir jedoch euphorisch. Nach tagelanger Hitze tut ein kühler Sommerregen einfach gut. Weil wir seit zehn Tagen nur mit Salzwasser geduscht haben, reagieren wir alle ziemlich schnell, als der Regen anfängt, vom Himmel zu prasseln: Wie auf Kommando schlüpfen wir aus unseren Badeshorts und fangen an, uns einzuseifen – endlich eine echte Dusche!
Wir beginnen gerade, uns darauf zu freuen, einen Tag ohne Meersalz auf der Haut zu verbringen, als plötzlich absolute Windstille herrscht. Jetzt kommt Kyles Einsatz, der schon seit Tagen davon spricht, endlich in den Ozean springen zu wollen. Wenige Hunderstel Sekunden nach dem „Okay“ vom Käpt’n ist er im Wasser, auch der Rest der Crew lässt sich nicht lange bitten und springt von der Reling in den Ozean. Die Frische der Süßwasserdusche hält also nicht lange vor.
Trotzdem wird unser Strahlen immer breiter: Es fühlt sich irre an, nach zehn Tagen an Bord unser Boot plötzlich von Außen zu sehen. Und dann trägt die Libertalia auch noch volle Segel – so kriegt man eigentlich nur fremde Yachten zu sehen, denen man, sehr selten, auf See begegnet. Als wir uns ausgetobt haben, schauen wir nach, wie weit vom „Beckenrand“ entfernt wir ins Wasser gesprungen sind: 830 Seemeilen sind es bis Afrika, 750 bis Südamerika. Wassertiefe: etwa 4000 Meter.
Von jetzt an laufen wir knapp zwei Tage unter Maschine, es ist einfach zu wenig Wind, um zu segeln. Einige, schwächere Regenwolken passieren wir noch, genug Wasser für eine Dusche kommt aber nicht mehr aus den Wolken. Am 1. Februar überqueren wir am frühen Nachmittag den Äquator: Fast kommt an Bord ein wenig Silvesteratmosphäre auf, während wir die Zeit herunterzählen, auf das GPS-Gerät starren bis das N für die Nordhalbkugel in ein S für den südlichen Teil der Erde umspringt.
Hier gehts zurück zum → ersten Teil der Atlantiküberquerung!
[…] Ich bin tatsächlich auf Segelbooten über den Atlantik getrampt. […]