Ski Langlauf in Myrkdalen: Auf dem Hintern durch den Schnee

Vor einer Minute habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Skier an meine Füße geschnallt und es läuft ganz gut: Ich fühle mich zwar ein wenig wie auf Eiern, doch ich komme voran – eindeutig, ich kann Ski fahren!

Ich will gerade anfangen, mich darüber zu freuen, als vor mir eine Kurve auftaucht. Intuitiv verlagere ich mein Gewicht, doch meine Fahrtrichtung ändert sich nur minimal. Dafür werde ich immer schneller – wie bremst man eigentlich mit diesen beiden Holzlatten unter diesen Füßen?

Zum Glück wird das äußere Ende der Kurve von einem Wall aus Schnee gesäumt, der mich abbremst. Ich lande auf meinem Hintern und ahne noch nicht, dass ich auf diesem Körperteil einen großen Teil des Tages verbringen soll.

Ich bin unterwegs im Skigebiet Myrkdalen, etwa zwei Stunden mit der Bahn nordwestlich von Bergen in Norwegen. Alice, meine norwegische Freundin hat sich bereit erklärt, mich in die Grundlagen dieser Fortbewegungsart einzuweihen – sie konnte kaum glauben, dass ich wirklich noch nie auf Skiern gestanden habe. In Norwegen ist Ski-Langlauf ungefähr so populär wie Fahrrad fahren – jeder beherrscht es im Schlaf.

Ich jedoch bin geborener Ostfriese und Wahlhamburger – Schnee kenne ich eigentlich nur als grauen Matsch, der mir an zwei bis drei Tagen im Jahr die Laune verdirbt. Das soll sich heute ändern.

Bruder Leichtfuß entdeckt Wintersport

Also beschäftigen wir uns den ganzen Vormittag mit den Grundlagen des Ski-Langlaufs. Ich lerne, dass ich die Skier wie ein „V“ stellen muss, die Spitze voraus, um ab zu bremsen und ich höre zum ersten Mal vom „Pendelschritt“. Vor allem aber lerne ich eines: Dieser Spaß ist ganz schön anstrengend! Trotz der winterlichen Temperaturen komme ich fast sofort ins Schwitzen und bekomme irgendwann sogar Seitenstechen!

Grundlagen des Ski-Langlaufs

Trotzdem mache ich Fortschritte und irgendwann kommen wir ganz gut die Hügel hoch. Für unsere Mittagspause wollen wir wieder herunter ins Tal – ich fiebere dem entgegen: bergab sollte ich doch dazu kommen, ein wenig zu entspannen und die weiße Winterlandschaft um mich herum zu genießen. Schließlich hatte man mir erzählt, dass Ski-Langlauf durchaus meditativen Charakter habe.

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Doch da war ja die Sache mit dem Bremsen. Irgendwie fällt es mir gar nicht so leicht, die beiden langen Latten zu einem „V“ zu formen: Irgendwie wird bei mir immer wieder ein „X“ daraus und ich lande auf der Nase. Und wenn ich ein „V“ hin bekomme, werde ich zwar langsamer – doch das heißt ja nicht zwangsläufig, dass ich auch wirklich zum stehen komme. So nutze ich, wie gehabt, meinen Hintern für Notbremsungen – bei scharfen Kurven oder bei Gegenverkehr.

Lift in Myrkdalen in Norwegen

Während der Mittagspause spüre ich schon ein wenig den Muskelkater kommen (und ich vermute den einen oder anderen blauen Fleck), trotzdem schaffen wir es, uns auf zu raffen. Denn wir haben uns was vorgenommen: Wir wollen hoch laufen auf den Berg, auf den die Snowboarder und Slalom-Skifahrer mit dem Lift gebracht werden.

Meine erste richtige Tour!

Der Weg den wir uns ausgesucht haben, schlängelt sich Stück für Stück den Berg hinauf und führt immer wieder durch kleinere Fichtenwäldchen. Die Loipe ist hier nicht präpariert und an einigen Stellen sind wir die ersten, die heute unsere Spur durch den Schnee ziehen. Ich sacke immer wieder zwanzig, dreißig Zentimeter ein, der Weg bergauf ist anstrengend.

Dafür habe ich jetzt erstmals das „Langlaufgefühl“: Ich laufe durch eine winterliche Schneelandschaft, bin unterwegs an Stellen, wo ich zu Fuß niemals hingekommen wäre. Fast fühlt es sich ein bisschen nach Wildnis an, obwohl wir uns noch mitten in einem Skigebiet befinden.

Bruder Leichtfuss in Myrkdalen

Ich genieße den Aufstieg bis nach oben hin. Wir nähern uns jetzt langsam den präparierten Pisten und den Liften. Die Skifahrer und die Snowboarder kommen in unser Blickfeld und werden langsam größer. Schließlich sind wir mitten drin im Skizirkus Myrkdalens, an mir vorbei schießen die Norweger in unglaublichem Tempo den Hang hinunter – verrückt, so steil, wie es hier herunter geht!

Jetzt verrät Alice auch, was sie mit mir vorhat: Ich soll es versuchen, eine blaue Piste herunter zu fahren – neben diesen „Verrückten“! Ungläubig schaue ich sie an. Meint sie das ernst?

Ja, sie meint es ernst. „Das schaffst du schon, denk‘ an das V und bremse einfach die ganze Zeit“, sagt sie und schon sehe ich sie den Hang herunter fahren. „Einfach“ hat sie gesagt!

Ich schaue mich um und suche nach einem Ausweg. Es gibt keinen, ich muss ihr hinterher. Also beginne ich langsam zu rutschen. Die ersten ein, zweihundert Meter klappt es ganz gut, ich freue mich und verliere die Angst. Kurz zumindest – dann merke ich, dass ich trotz konstantem Bremsmanöver immer schneller werde.

Wintersport in Norwegen

Heute Vormittag wurde ich noch meistens von der nächsten Steigung gebremst – auf die kann ich hier am Hang aber lange warten. Schließlich beschließe ich, mich „kontrolliert“ auf den Hintern fallen zu lassen. Das klappt ganz gut, jedoch: Das bremst mich nicht. Statt auf den beiden Holzlatten rutsche ich jetzt eben im Sitzen den Hang hinunter.

Irgendwann komme ich doch zum stehen – ich stehe auf den Speed und grinse. Was muss das erst für einen Spaß machen, wenn man es richtig kann! Vorsichtig stehe ich wieder auf, ich muss aufpassen, dass ich nicht sofort wieder ins Fahren komme, sobald ich wieder stehe. Wieder fahre ich ein Stück, wieder rutsche ich ein Stück weiter auf dem Hintern hinab ins Tal.

Dieses Spielchen wiederholt sich noch einige Male, ich komme aber irgendwann stolz unten an der Talstation an. Alice steht schon da. Ich glaube, ich kann auch ein bisschen Stolz in ihrem Gesicht erkennen. Ich habe mich gut gemacht, für meinen ersten Tag auf Skiern, sagt sie. Ich beschließe, ihr jetzt einfach mal zu glauben – und freue mich auf mein Après-Ski-Bier zum Abschluss des Tages. Das habe ich mir verdient, finde ich.

Das Skigebiet in Myrkdalen

Lift in Myrkdalen in Norwegen

Skigebiet Myrkdalen in Fjordnorwegen

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Disclosure: Mein Ausflug nach Myrkdalen wurde unterstützt von der Norwegischen Bahn.  Sie fährt von Bergen bis Voss, von dort aus fährt ein kostenloser Bus in das Skigebiet Myrkdalen.

Timo Peters
Timo Petershttps://www.bruderleichtfuss.com
Timo Peters ist der Gründer und Chefabenteurer bei bruderleichtfuss.com. Ich verbringe meine meiste Zeit auf Reisen und stehe auf Abenteuer aller Art. Ich bin gerne in der Natur unterwegs: Zu Land wandere ich mit meinem Zelt durch die Wildnis, zur See gerne auf Segelbooten. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für Reisen per Anhalter. Hier findest du mehr Infos über mich und diesen Blog.

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3 comments

  1. Hey Timo, hach, ich habe herzlich gelacht, bei mir würde das mindestens genauso aussehen. Und auch bin ich mir sicher, dass du dir MINDESTENS zwei Après-Ski-Biere verdient hast! Liebe liebe Grüsse aus Spanien

  2. So ein Tag im Schnee hat schon was. Leider ist bei uns in NRW der Winter ausgefallen, deshalb freue ich mich umso mehr, dass du uns an deinem Skiabenteuer hast teilhaben lassen. Vielen Dank dafür.

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