Wir liegen gerade auf dem Sonnendeck auf einer Fähre zur Nachbarinsel Santo Antão, als einer der Mitarbeiter vorbei kommt und uns jeweils einen Beutel anbietet. Nach kurzem Nachdenken kommen wir darauf, dass die wahrscheinlich als Spucktüten für eventuelle Seekrankheit gedacht sind.
Wir schmunzeln ein bisschen, nach der verrückten Überfahrt von den Kanaren hierher sind wir ganz zuversichtlich, dass wir ohne auskommen werden. Nur Cecilie nimmt eine, zur Sicherheit, der letzte Törn hat ihr ganz schön Respekt vor der See eingeflößt. Aber auch sie wird die Tüte nicht benötigen auf dieser kurzen Überfahrt, wir alle genießen es, als bloße Passagiere an Bord zu sein.
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Unser eigenes Boot können wir gerade nicht benutzen, denn es hat auf den 1000 Seemeilen von Fuerteventura ganz schön Federn lassen müssen, wir basteln täglich von morgens bis abends an unserer „Libertalia“.
Jetzt ist die Ausnahme, wir haben uns zwei Tage frei genommen für unseren kleinen Ausflug. Der Grund dafür ist ein trauriger: Cecilie, die junge Norwegerin, wird uns verlassen, sie will sich die Strapazen einer Seereise nicht nochmal antun. Statt dessen nimmt sie den klassischen Weg über den Ozean – per Flugzeug. Auf der anderen Seite wird sie dann wieder zu uns stoßen. Hoffentlich schaffen wir es pünktlich zum Karneval – die Reparaturen kosten Zeit.
Santo Antão ist eine wunderbare Abwechselung zu den wüstenähnlichen Vulkaninseln, auf denen wir zuletzt unterwegs waren: Die Wetterseite der Insel ist geradezu üppig bewachsen, für uns fühlt sich das fast wie Dschungel an. Auch die kleinen Bergdörfer, durch die wir beim Abstieg vom etwa 1700 Meter hohen Pico de la Cruz wandern, erinnern mich sehr an die Andendörfer in Ecuador, wo ich vor einigen Jahren unterwegs war. Sehr schön, wir nähern uns also eindeutig Südamerika.
Der Hafen von Mindelo hat etwas ganz spezielles. Hier ist kaum etwas von der Gemütlichkeit der Häfen im Mittelmeer und an der Ostsee zu spüren. Im Gegenteil: Jede Yacht hier hat einen weiten Weg hinter sich und die meisten eine Menge Reparaturen nötig.
Es hört sich fast an, wie eine Großbaustelle: Überall hämmert es, irgendwo läuft immer eine Flex oder eine Bohrmaschine. Und immer wieder kommen Mitarbeiter des örtlichen Supermarktes mit einer Karavane von Einkaufswagen vorbei – Proviantierung der nächsten Yacht für ihren Weg über den Atlantik.
Fast jeden Tag legt hier ein Boot mit dem Ziel Karibik oder Südamerika ab, oft begleitet von dem Hupen mehrerer Schiffshörner und Fanfaren. Als wir so unsere hier gewonnenen Freunde Tim und Ana verabschiedeten, kamen mir fast die Tränen, so romantisch finde ich allein die Vorstellung, dass so ein kleines Schiff irgendwann, in zwei oder drei Wochen, an der anderen Seite des Ozeans am Horizont auftauchen wird.
Mit Ana und Tim hatten wir am Abend zuvor eine feine Abschiedsparty, mit viel Rum und den Ramones, Tims Lieblingsband, aus den Lautsprechern. Sowieso passen wir hier trotz all der Arbeit auf, dass auch das Genießen nicht zu kurz kommt: Wir hatten Hummer und viel frischen Fisch vom hiesigen Fischmarkt, haben die Hafenbars und die örtlichen Diskotheken ausgekundschaftet.
Besonders schön: die Sambagruppe von Mindelo übt zur Zeit für den Karneval hier, tatkräftig unterstützt von einigen Tausend Kapverdianern und vier Yachties von der Libertalia. Außerdem gab es das ein oder andere Aperetif mit unseren französischen Freunden Andre und Agnes auf dem Nachbarboot.
Doch auch die beiden sind mittlerweile einige Meilen weiter westlich auf dem Weg nach Martinique in der Karibik. Also wird es wohl auch für uns Zeit abzulegen – ich mache mich wieder an die Arbeit!
Hallo Bruder Leichtfuss,
ich bin auf deinen Blog durchs Seglerforum gestossen. Einfach klasse wirklich, beim lesen deines Blog treibt es selbst mir ein fettes Grinsen ins Gesicht. Das bringt Erinnerungen zurück an die drei Jahre auf Gran Canaria wie oft stand ich am Hafen und dachte mir so und jetzt einfach wech^^ und du machst genau das.
Schöne Grüße aus dem Verstürmten Schwarzwald
Jonny
Hallo Jonny,
was für ein schönes Kompliment – Danke!