Zu der Segelyacht „Supermolli“ habe ich ein besonderes Verhältnis: Als ich mich im letzten Jahr auf meine Reise per Anhalter über den Atlantischen Ozean vorbereitete, stieß ich schnell auf den Blog von Marcus und Nikola Carp. Die beiden hatten damals ihre Weltumsegelung gerade gestartet – mit an Bord: Sohnemann Jaron Toni Logan (6) und Töchterchen Lina Silver Tiger (4).
Als ich gerade in Spanien ankam, war die „Supermolli“ gerade in der Gegend von Portugal, und ich hatte die Hoffnung, sie „einzuholen“ und vielleicht eine freie Koje an Bord ab zu bekommen. Das war allerdings völlig unrealistisch: Die Familie Carp ist für Seglerverhältnisse ziemlich schnell unterwegs, als ich auf den Kapverden angekommen war, hatte sie den Atlantik schon überquert.
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So flott ging es auch weiter: Das Jahr 2013 verbrachten die Carps in der Südsee, mittlerweile sind sie in Neuseeland angekommen!
Im Interview erzählen die beiden vom Familienleben an Bord, wann sie mal so richtig Angst hatten und wie ihr liebster Mitsegler aussieht:
Womit verdient ihr eigentlich eure Brötchen oder anders gefragt: Wie bezahlt ihr den ganzen Quatsch?
Die Kohle für’s Schiff haben wir uns geliehen und vor Abfahrt haben wir ordentlich gearbeitet. Drei Jahre bevor es los ging, haben wir angefangen die Moneten ordentlich zusammen zu halten.
Essen gab’s nur von Aldi und alles was sonst so Spaß macht war gestrichen.
Sparflamme ist und bleibt das Motto für unseren Trip.
Bei euch an Bord ist es ja so schon ganz schön eng. Habt ihr trotzdem schonmal darüber nachgedacht, Mitsegler mitznehmen? Wie würde euer idealer Mitsegler aussehen?
Wir hatten schon einige Mitsegler an Bord: meistens Freunde, aber auch schon mal einen Flüchtling. Idealerweise sollte ein Mitsegler eine der Sprachen sprechen, die wir sprechen und irgendwie einen Zugang zu Kindern haben. Dann klappt das schon. Naja und es ist bestimmt von Vorteil wenn er/sie zumindest ansatzweise ne Ahnung davon hat wie ein Ozean so rüber kommen kann, wenn es mal etwas rauher wird.
Kommen bei eurem Leben Freundschaften und Familie nicht zu kurz? Vermisst ihr das?
Na, Familie kommt schon etwas kurz, aber in unserem Fall sind es ja nur drei Jahre!
An unsere Freunde glauben wir. Die bleiben für immer. Und im Ernst, wir haben noch nie so viele neue Leute kennen gelernt wie auf dieser Reise. Mit einigen von denen werden wir bestimmt über die Reise hinaus verbunden bleiben.
Ihr seid zwei Erwachsene an Bord. Wie teilt ihr bei größeren Schlägen eure Wachschichten ein? Wann habt ihr dann noch Zeit für euch?
Nikola bringt die Kinder um acht ins Bett und macht die Schicht bis zwei Uhr, dann steh ich auf und mach die schicht bis acht Uhr morgens. Aber: Wir schlafen während einer Wache für 20 Minuten, dann Aufstehen, Rundumblick, Radar, AIS, Wind und Kurs checken und dann wieder für 20 Minuten schlafen gehen während der Kahn unter Autopilot selbst steuert. Wenn die Wache ruhig verläuft, kommen wir mit einer zusätzlichen Stunde Schlaf tagsüber aus. Bleibt also massig Zeit für uns!!!
Pfeift ihr an Bord? Anders gefragt: Seid ihr abergläubisch?
Aberglaube gleich null. Wir haben ein grünes Schiff, in England bedeutet das Bad Luck.
Aber… Glück ohne Ende. Für uns ist das alles Kokolores.
Wie machen sich die Kinder an Bord? Was macht ihnen Spaß, was vermissen sie?
Die Kinder sind die besten Seefahrer von uns. Für sie ist das das Leben.
Früher haben sie mal ihre Freunde vermisst, das ist mittlerweile aber Geschichte.
Es macht ihnen Spaß an Bord zu helfen wo sie können. Jaron paddelt gerade am liebsten das Dingi und Lina will lieber das Dingi unter Motor steuern. Naja, und da wir Ankerplätze auch danach aussuchen, ob es einen schönen Strand gibt, schnorcheln sie wie die Verrückten und spielen im weißen Sand. Wenn es dann am Besten noch täglich Popcorn gibt, ist das Leben für sie eine Wolke.
Wart ihr an Bord schon mal in einer Situation, in der ihr es mit der Angst zu tun bekommen habt?
Immer wieder. Das erste mal bei Windstärke 4 auf der Ostsee und eigentlich immer wieder wenn wir mit einer höheren Eskalationsstufe der Meere konfrontiert waren. Mittlerweile muss es aber schon recht heftig kommen damit wir es mit der Angst bekommen. Wir vertrauen unserem Schiff zu hundert Prozent.
Habt ihr Tipps, wie auch ich irgendwann mal an mein eigenes Segelboot kommen kann?
Kohle musste schon hart zusammen schaufeln. Allerdings geht es auch mit schmalerem Budget. Günstige Schiffe bekommst du nicht in Deutschland, sondern eher dort, wo mal wieder ein Traum, aus welch Gründen auch immer, zerschellt ist.
Wir haben einige Leute getroffen, die sich ein Schiff günstig in der Karibik gekauft haben und dann damit nach Neuseeland oder Australien gesegelt sind und es dort verkauft haben. Die haben teilweise so viel Gewinn gemacht, dass sie das Jahr im Pazifik nichts gekostet hat. Wenn du dann noch ein paar Tramper mit nimmst und ihr euch die Bordkasse teilt wird die Sache noch günstiger.
Für meinen Bootskauf in ferner Zukunft: Welche Dinge gefallen euch an eurem Boot, und was würdet ihr so nicht wieder kaufen?
Oha. Das geht jetzt aber rund hier! Ich mach’s kurz. Als Anfänger würde ich Stahl kaufen. Eher günstig und sehr stabil, aber arbeitsintensiv. Wenn zu uns noch mal ein Schiff kommt, dann eher kein Stahl mehr. In Zukunft lieber nur noch einen Mast als zwei. Wobei ich für Anfänger zwei Masten okay finde, da die Segel kleiner sind und besser zu handhaben.
Was wie an unserem Bötchen geil finden? Na, eigentlich alles! Für das, was wir tun, haben wir das ideale Schiff. Wir wissen, das es ohne Ende stark ist und so schnell nichts kommt, womit sie nicht klar kommt. Immerhin wurde unser Schiffstyp mal vor über 100 Jahren als Rettungssegler entworfen, die kann einfach was.
Welches ist eure liebste Seglerweisheit?
1. Wat mut, dat mut.
2. Jeder kricht, was er verdient.
Gibt es ein Traumziel, das ihr euch irgendwann mal erfüllen wollt?
Unten um Südamerika rum.
Gibt es etwas, was ihr den Bruder-Leichtfuß-Lesern mit auf den Weg geben möchtet?
Wir sind praktisch ohne Erfahrung los und haben es bis nach Neuseeland geschafft. Wer Bock auf Wasser hat und gerne reist
EINFACH MACHEN. Is kein Ding.
Vielen Dank für dieses schöne Gespräch! Und viel Glück und eine Menge Spaß auf eurem Abenteuer!
Hier geht es zur Familie Supermolli:
- Der Supermolli-Blog: Hier gibt’s aktuelle Törnberichte und Fotos.
Mehr Segler-Interviews auf bruderleichtfuss.com:
- Die „Los Locos“: David segelt mit seiner Familie auf der Segelyacht „Suvarov“ um die Welt – momentan durch die Südsee.
- Der „Korrespondent zur See“: Hinnerk segelt auf seinem winzigen Segelboot „Paulinchen“ um die Welt – im Moment durch die Karibik.
- Freie Kojen: Markus und die „Nambawan“ sind im Mittelmeer unterwegs – und sucht immer nach Mitseglern!
- Der Start einer Weltumsegelung: Claudi und Jona stehen mit ihrer „Inti“ kurz vor ihrer ersten Atlantiküberquerung.
Der Titel ist ja sowas von passend. Echte Aussteiger. Bewundere den Mut einer Familie so lange auf Segeltour zu gehen. Wir touren in einem Troopy um Australien für 1 Jahr und wissen was es heisst, auf kleinstem Raum zu leben. Das ganze aber auf einem engen Segelboot. Respekt für Marcus und Nikola. Ein Wahnsinnserlebnis für die ganze Familie. Braucht Mut, Geduld, Kenntnis der Meere und gaaanz viel mehr. Somit gibt es einen Blog mehr, den ich verfolgen werde. Weiter so.
Hi,
bin durch Zufall auf Deinen Blog und das Interview gestoßen – super. Auch wenn das Leben auf dem Wasser vielleicht nicht unbedingt mein Ding ist – werde leider schnell seekrank bei ein bisschen Schaukelei.
Grüße Heike
ja, da kann man stolz sein 🙂
Finde ich cool, dass man gar nicht soviel Erfahrung braucht!
Ich liebe das Meer – und würde sowas auch unglaublich gerne mal machen.
Und da man Träume NIE anstehen lassen soll – freue ich mich sehr über dieses Interview. Das gibt mir Hoffnung, dass wir das auch schaffen können. Vor allem, weil unsere Kids schon groß sind und richtig mithelfen würden.
Liebe Grüße
Gabi
Hallo Supermolli-Mutti! Auf den Bengel wäre ich auch stolz, und ich glaube, sogar meine Mutti wäre das 🙂 Schön, dass du hier mitliest und liebe Grüße!
Hallo, hallo, Super-Interview. Ich bin die Mutter von Marcus und so unglaublich stolz auf ihn, Nikola und auch meine beiden lütten Enkelkinder. Was für ein Abenteuer, was für eine Supermolli-Familie.
Danke und lieben Gruß! Barbara