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Wanderung zur Trolltunga – Auf der Zunge des Trolls

Trolltunga Wanderung Norwegen

Die Trolltunga Wanderung in Norwegen hat sich zu einer der berühmtesten Wanderrouten auf der Welt entwickelt – zurecht! Hier findest du meine Erfahrungen bei der Wanderung und weiter unten Tipps für deine Wandertour.


In einer unwirklichen Fels- und Schneewüste kauern wir eng beisammen, um uns gegenseitig zu wärmen. Die kurzen Stunden der Dunkelheit sind jetzt auch hier oben, in den Bergen Zentralnorwegens über dem Örtchen Skjeggedal, eingebrochen.

Die riesigen, meterhohen Felsbrocken sind mal kugelrund, mal oval oder würfelförmig, sie werfen im  Mondlicht bedrohlich wirkende Schatten über das Geröllfeld. An einigen Stellen leuchten Schneefelder weiß auf.

Unser Wanderpfad ist bei dem Licht nicht mehr zu erkennen, wir versuchen seit zwanzig Minuten herrauszufinden, wo er weitergeht. Eigentlich ist der Pfad zur Trolltunga, der Trollzunge, ganz gut markiert.

Doch in diesem fahlgrauen Licht ist es auch aus kurzer Entfernung fast unmöglich, ein rotes „T“  zu entdecken, das auf einen besonders markanten Stein gesprüht wurde.

Also scharen wir uns um Cecilies Smartphone, das zwar schon lange keinen Empfang mehr hat, auf dem aber eine Tourenbeschreibung abgespeichert ist – es ist die einzige „Karte“, die wir dabei haben.

Passend dazu: Unser Norwegen-Wanderführer

  • 10 Autoren, 23 Wanderungen und persönliche Erlebnisberichte
  • ausführliche Infos zu Wanderungen in Fjord,- Fjell- und Nordnorwegen
  • 139 Seiten vollgestopft mit Tipps und Erfahrungen
  • Alles über die Vorbereitung einer gelungenen Wanderung

Grob Richtung Osten soll es gehen, finden wir heraus, doch wohin genau? Drei von uns bleiben hier an dieser kleinen Steinpyramide sitzen, während immer einer aus der Gruppe für einige hundert Meter in die dunkle und verregnete Landschaft stapft und versucht die nächste Markierung zu finden.

Als ich an der Reihe bin und mich allein auf die Suche mache, stelle ich mir für einen Moment vor, was wäre, wenn jetzt auch noch Nebel aufziehen würde. Ich bekomme ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch.

Vor etwa dreieinhalb Stunden sind wir unten in Skjeggedal aufgebrochen, einem winzigen Bergdörfchen nördlich von Odda, ein bisschen westlich des Hochplateaus Hardangervidda. Wir, das sind Alice, die im Moment mit mir durch Norwegen reist, Cecilie, die ich auf einem Segelboot zwischen Fuerteventura und den Kapverdischen Inseln kennengelernt habe, und Eirik,  Cecilies Freund.

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Und hier findest du → 77 Links und Tipps für deine Norwegen-Planung.

Die drei sind erfahrene Wanderer und regelmäßig auf Hikingtouren in den Bergen Norwegens unterwegs, auch ich habe schon den einen oder anderen Kilometer mit großem Rucksack hinter mich gebracht, außerdem sind die drei Norweger ähnlich abenteuerlustig wie ich.

Also erhöhen wir den ohnehin schon nicht einfachen Schwierigkeitsgrad der Wanderung zur Trolltunga noch ein wenig, indem wir sie in die Nacht verlegen.

Wir wollen durch die Nacht wandern, um dann pünktlich zum Sonnenaufgang zwischen drei und vier Uhr nachts, an dem Felsvorsprung anzukommen, der sich wie eine Trollzunge über das Gebirgspanorama streckt.

Hier wollen wir  dann unsere Zelte aufschlagen, um dann morgen ausgeschlafen und bei Tageslicht den Rückweg anzutreten.

Steiler Aufstieg ins Reich der Trolle

Am Start der Wanderung wartet gleich der härteste Teil der Wanderung auf uns: 400 Höhenmeter mit extremer Steigung sind zu überwinden, entweder auf dem steilen Wanderpfad oder auf den über 2000 Holzstufen der stillgelegten Seilbahnstrecke.

Wir entscheiden uns für die Stufen, obwohl das Betreten der Anlage verboten ist: Auf dem Weg hierher haben wir Einheimische nach dem besten Weg nach oben gefragt.

Die Stufen sind steil und werden immer steiler, der Weg immer länger und die Beinmuskeln übersäuern das erste Mal. Der Blick auf die umliegende Berglandschaft raubt zusätzlich Atem. Im Westen, wo die Sonne sich nur zögerlich gegen den Horizont senkt, ist zum ersten Mal der Folgefonna zu sehen.

Der drittgrößte Gletscher Norwegens wird bis hoch zur Trolltunga die Kulisse unseres Abenteuers bilden, für den Ton werden die zahllosen kleinen Bäche und Wasserfälle mit ihrem Plätschern und Rauschen sorgen.

Am Ende der Seilbahnstrecke sind unsere Tshirts bereits durchnässt, dabei geht das Abenteuer doch jetzt erst richtig los! Unser Weg schlängelt sich durch ein höher gelegenes Flusstal, in scheinbar hunderten kleinen Bäche flitzt hier das Wasser des schmelzenden Schnees von oben durch die Landschaft.

Das Grün der Birken und der Nadelbäume ist hier noch zu sehen, doch es dünnt schon langsam aus, dafür rücken weißglänzende Schneefelder immer näher. Der nächste Aufstieg steht bevor.

Noch einmal 300 Meter, der Weg führt uns über einen felsigen Untergrund, über schmale Schneisen durch den tiefen Restschnee und zu unserer kleinen Steinpyramide im dunklen Geröllfeld.

Nach unserer Orientierungspause von ungefähr einer halben Stunde sind wir alle ziemlich glücklich, als Eirik nur 30, 40 Meter neben uns die Spur entdeckt, die uns zur Trolltunga führen soll.

Jetzt haben wir die beiden längsten Steigungen hinter uns, außerdem macht sich irgendwie auch das Tageslicht schon wieder breit. Hier oben in den Bergen sind die Nächte noch kürzer, als im Juni in Norwegen ohnehin schon.

Wir wandern stramm durch, in unseren kurzen Schokoladen-Pausen beginnen wir immer schnell zu frieren. Also genießen wir für ein oder zwei Stunden fast wortlos wandernd die Landschaft, deren Färbung sich mit zunehmendem Licht von tiefgrau über violett hin zu hellen Blautönen entwickelt.

Irgendwann fangen meine norwegischen Freunde wieder an zu reden. Sie erzählen mir von den Trollen die hier leben sollen und herauskommen, wenn es dunkel wird. Den heidnischen Sagen nach, die hier noch immer jedes Kind kennt, leben sie in den Bergen ihr Leben als grobschlächtige und einfältige Kämpfer.

Sie sind zwar nicht allzu intelligent, haben aber dafür riesige Kräfte: „Dass hier überall diese Felsbrocken herumliegen, liegt daran, dass sich die Trolle in wilden Kämpfen gegenseitig damit bewerfen!“, sagt Alice und zwinkert mir zu.

Für einen Moment lang hätte ich ihr fast geglaubt – die Wanderung zehrt nach fünf Stunden jetzt ein wenig an meinen Kräften. Ich versuche mir den Mädels gegenüber nichts anmerken zu lassen, denn ich weiß, wir werden jetzt jeden Augenblick an der Trolltunga, der Zunge des Trolls, ankommen.

Schließlich ist es soweit! Wir sehen die steinerne Zunge, einen ungefähr zehn Meter langen Felsvorsprung, der sich waagerecht über den 350 Meter tiefer liegenden Stausee Ringedalsvatnet streckt. Irgendwie habe ich mich für das Foto nicht weiter an die Spitze getraut:

Wir sind überglücklich! Nicht nur wegen des phänomenalen Ausblicks, sondern auch, weil ich wohl nicht der einzige gewesen war, den der Hike angestrengt hat: Keiner von uns kann genau sagen, ob auf den letzten Metern der Hunger oder die Müdigkeit größer gewesen ist.

Wir machen also schnell unsere Fotos, auch wenn wir uns Zeit lassen könnten: andere Wanderer haben wir die ganze Nacht über nicht gesehen, der Sonnenaufgang auf der Trolltunga gehört in diesem Moment nur uns…

Wir wollen allerdings nur eins: ABENDESSEN! Oder eben FRÜHSTÜCK – wie auch immer! Also suchen wir uns einen einigermaßen windgeschützen Platz, bauen unsere Zelte auf und kramen unsere Vorräte und den Gaskocher aus.

Irgendjemand hat vier Dosen Bier und vier Zigarren im Rucksack versteckt. Und wo könnten Fleischklöße aus der Dose mit Kartoffelpürree besser schmecken als hier?

Nach dem Essen verziehen wir uns ziemlich zügig in unsere Zelte, schlafen aus und haben ein ausgiebiges Frühstück vom Gaskocher – gekochte Eier mit Tomatensuppe, dazu Brot mit Nutella, Tee und je einen Apfel.

Bei so einem Outdoorfrühstück schlägt mein Herz ja eh schön höher, aber das Beste kommt noch: Das Wasser für den Tee zapfen wir uns hier oben in den Bergen Norwegens direkt aus dem nächsten Wasserfall!

Auch den Wasserproviant für die Wanderung zurück nach Skjeggedal kommt daher – absolut trinkbar, richtig lecker und eiskalt! Der größte Teil der Wegstrecke fordert uns nicht mehr so stark, es geht bergab, wir kennen den Weg und jetzt ist es ja auch hell.

Ganz unten gibt’s noch eine Googlemap mit dem genauen Verlauf der Wanderung, vorher noch die FAQs mit den wichtigsten Fragen und Antworten zur Trolltunga Wanderung.

Der Trolltunga-Hike war vielleicht der beste, den ich bislang gemacht habe!

Update: FAQ zur Trolltunga Wanderung:

Mein Wanderbericht von der Trolltunga ist mittlerweile fast vier Jahre alt und in dieser Zeit ist diese Wanderroute extrem populär geworden. Dementsprechend trudeln bei mir regelmäßig Fragen von Wanderern ein, die die Trolltunga Tour wandern wollen. Die Fragen, die mir am häufigsten gestellt werden, beantworte ich hier:

Wie ist die Schwierigkeit der Trolltunga-Wanderung?

Hier hat sich in den letzten Jahren einiges geändert: Als ich dort gewandert bin, war die Tour auf jeden Fall noch sehr schwierig. Sie war „klassisch norwegisch“ beschildert – das heisst, es gab wirklich nur an wichtigen Wegpunkten die roten Pfeile und Punkte, die Orientierung bieten.

Das führte dazu, dass sich die Unfälle und Notsituationen unerfahrener Wanderer (teilweise tödlich) auf dem Weg zur Trolltunga und auf dem Felsvorsprung selber häuften. In der Folge wurde viel investiert, die Streckenführung wurde verbessert und an vielen Stellen entschärft. Außerdem wurden mehr Schilder aufgestellt.

Trotzdem ist die Wanderung nach wie vor nicht leicht, man sollte auf jeden Fall Wandererfahrung in den Bergen mitbringen und eine gute Ausrüstung dabei haben. Das sind auch die wichtigsten Tipps, die in diesem Video von Visit Norway aufgezählt werden – das Video ist deshalb entstanden, weil die Unfälle von Touristen in letzter Zeit so stark zunehmen:

Eine kleine Anmerkung von mir: Ich finde diese Entwicklung extrem ärgerlich: Eigentlich geht man doch gerade deshalb zum Wandern nach Norwegen, weil die Natur hier noch wild und ungezähmt ist und nicht jede Gefahrenstelle umzäunt.

Diese gefährlichen Situationen entstehen ausschließlich durch Leichtsinn und Übermut von Touristen. Bitte akzeptiert, dass ihr diese Tour nicht gehen könnt, wenn ihr nicht fit seid oder euch die Erfahrung fehlt. Tolle Selfies kann man auch woanders schießen – zum Beispiel ein Stück weiter am Preikestolen. Oder ihr werft mal einen Blick auf diese Alternative zur Trolltunga, die ich kürzlich entdeckt habe.

Wie lange dauert die Wanderung zur Trolltunga?

Hin und zurück muss man mit einer Dauer von mindestens 10 Stunden rechnen. Je nachdem, wie viele Pausen man macht, kann es auch durchaus länger dauern. Wer die Wanderung stressfrei erleben will, sollte sich überlegen, ob er es nicht ähnlich macht wie wir und oben in den Bergen im Zelt übernachtet.

Was ist die beste Wanderzeit und wie ist das Wetter?

Wir waren Ende Mai auf der Trolltunga, was der früheste Zeitpunkt im Jahr ist. Wenn man auf Nummer sicher gehen will, sollte man sich eher in Richtung Spätsommer orientieren, optimal ist es im August.

Das liegt daran, dass die Schneeverwehungen und Schneefelder des Winters sich hier an einigen Stellen bis in die Sommermonate halten. Oft vereist die Oberfläche und das Begehen ist ohne Spezialausrüstung unmöglich.

Das Wetter in Norwegen ist generell schwer vorhersehbar und unterscheidet sich oft schon innerhalb weniger Kilometer dramatisch! Auch die Höhe macht sich schnell bemerkbar: Während es unten 20 Grad warm und sonnig ist, können oben zur gleichen Zeit Temperaturen nahe der Null-Grad-Grenze herrschen. Ist es windig, fühlt sich das schnell eiskalt an!

Gute, lokale Wetterberichte findet ihr zum Beispiel bei yr.no oder storm.no.

Gibt es geführte Touren zur Trolltunga?

Ja, und sie sind eine gute Wahl für Wanderer mit wenig Erfahrung! Trolltunga Active ist ein lokaler Anbieter für geführte Touren zur Trolltunga. Besonders empfehlen kann ich den Wanderführer Johannes von Outdoorlife Norway. Mit ihm war ich am Preikestolen unterwegs und kann sagen, dass er ein cooler Typ ist und sich außerdem sehr gut auskennt – auch an der Trolltunga.

Was ist die beste Unterkunft in der Umgebung der Trolltunga?

Die günstige Unterkunft ist natürlich das Zelt. Im nächsten größeren Ort gibt es einen Campingplatz. Wer eine feste Unterkunft ohne Zelt sucht, übernachtet am günstigsten im Ullensvang Gjesteheim. Sowohl der Campingplatz als auch das Gästehaus sind gute 10 Kilometer vom Startpunkt der Wanderung entfernt. Es fährt aber ein Bus, auch Trampen ist hier gut möglich.

Es gibt auch Unterkünfte in Tyssedal selber, die aber dann deutlich teurer werden.

Was hat sich am Aufstieg zur Trolltunga geändert?

Im Rahmen der Arbeiten an der Route wurde auch eine Alternative zum Aufstieg über die Treppenstufen der ehemaligen Seilbahn ganz am Anfang der Wanderung geschaffen – die Treppenstufen sind alt, teilweise morsch und bei Nässe sehr rutschig – das will man sich vielleicht überlegen.

Der alternative Aufstieg zur Trolltunga startet ein Stück abwärts vom Parkplatz an der Seilbahn, ist gut ausgeschildert und führt durch den Wald. Extrem steil bleibt die Route aber trotzdem!

Was ist die beste Wanderkarte für die Trolltunga Wanderung?

Für die Wanderroute zur Trolltunga braucht man eine Wanderkarte für den westlichen Teil der Hardangervidda. Ich kenne keine Wanderkarte der Gegend im Maßstab 1:25.000, was ich eigentlich zum Wandern am besten finde. Diese Wanderkarte kommt dem mit 1:50.000 am nächsten.

Hilfreich unterwegs beim Wandern in Norwegen:

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