Eine Wanderung auf den Galdhøpiggen führt einen auf eine Höhe von 2469 Metern und damit nicht nur auf den höchsten Berg Norwegens, sondern auch auf den höchsten Gipfel in ganz Nordeuropa. Hier gibt es meinen Erfahrungsbericht und weiter unten Wissenswertes und Infos zur Planung der Tour.
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Als wir an der Juvasshytta aus dem Auto steigen, schlägt uns ein kräftiger Wind entgegen und bläst uns eisige Regentropfen ins Gesicht. Hier auf gut 1.800 Metern Höhe im Jotunheimen Gebirge ganz im Norden Europas herrscht auch im August ein raues Klima. Also packen wir uns erstmal selber dick ein, bevor wir unser Zelt auspacken.
Ich bin mit vier Freunden unterwegs, drei norwegische Mädels und ein Kumpel aus Berlin. Recht spontan haben wir beschlossen, den höchsten Berg Norwegens zu besteigen, weshalb wir keine Betten in der Juvasshytta mehr bekommen haben. Während der kurzen Sommersaison, zu der hier Wanderungen auf den Gipfel des Galdhøpiggen möglich sind, muss man die Hütte frühzeitig buchen.
Camping an der Juvasshytta
Wir sparen uns aber auch gerne das Geld für die Unterkunft. Camping ist direkt an der Berghütte kostenlos möglich. Wir haben zwei gute Zelte im Kofferraum, einen Gaskocher, Campinggeschirr und ein bisschen Proviant. Schließlich geht unsere Wanderung auf den Galdhøpiggen erst am nächsten Morgen los, heute Abend machen wir es uns in unserem Zeltlager gemütlich.
Die Nacht ist kühl und sehr windig, zweimal stehe ich auf und befestige die Sturmleinen unseres Zeltes neu. Der Untergrund hier ist felsig, so dass wir keine Heringe benutzen können. Die Leinen binde ich deshalb an dickere Steine, was nicht so richtig optimal hält.
Wir sind also alle leicht angeknittert, als wir am nächsten Morgen aufwachen. Ein schneller Kaffee und ein paar Butterbrote zum Frühstück müssen ausreichen, denn unsere Wandergruppe wartet nicht auf uns. Und auf die Gruppe, beziehungsweise unseren Bergführer sind wir angewiesen: Auf dem Weg zum Galdhøpiggen müssen wir den Styggebrean-Gletscher überqueren und Gletscherquerungen sind wir leider allesamt unerfahren.
Hier findest du mehr → Wandertouren in Norwegen.
Noch mehr Tipps und Routen gibt’s in meinem → Wanderführer für Norwegen.
Schau dir auch meine → Packliste für Norwegen und meine → Tipps zur Planung einer Norwegen-Reise an!
Gletscherwanderung mit Wanderführer
Amir heisst unser Guide und erwartet uns oberhalb der Juvasshytta – zusammen mit mehreren Dutzend weiterer Wanderer. Die Wandersaison ist kurz hier oben, und dier Hike auf den Galdhøpiggen extrem beliebt. So müssen wir uns mit der riesigen Gruppe wohl einfach abfinden.
Amir rüstet uns mit Gurten aus, einige bekommen noch Seile umgehängt, die wir am Gletscher für unsere große Seilschaft am Gletscher brauchen werden. Noch ein paar kurze, letzte Worte zur Tour, dann setzt sich unser Tross in Bewegung.
Eine Spur führt in leichter Steigung in Richtung Styggebrean. Wir passieren einen kleinen Gletschersee und erste Schneefelder, der Weg besteht fast nur aus Geröll. Trittfestigkeit ist auf jeden Fall von Beginn an gefordert. Wir sind nicht sonderlich schnell unterwegs, so dass wir Zeit zum Quatschen haben. Gut, denn meinen Kumpel aus Berlin bekomme ich nicht mehr so oft zu Gesicht, seit ich in Norwegen wohne.
In großer Seilschaft über den Gletscher
Gelegenheit zum „Natur Bewundern“ gibt es jedoch gerade nicht wirklich: Die Landschaft ist in einen dichten Nebel gehüllt. Die Hoffnung auf einen wirklich fantastischen Ausblick vom Gipfel über ganz Jotunheimen sinkt. Aber darauf sind wir vorbereitet: Die Spitze des Galdhøpiggen ist statistisch an über 300 Tagen im Jahr mit Wolken verhangen. Wieso sollte das ausgerechnet heute anders sein?
Nach einer knappen Stunde wandern kommen wir am Styggebrean Gletscher an. Während Amri und seine Wanderführer-Kollegen die Seile für die Gletscherüberquerung vorbereiten, sammeln wir uns mit den anderen Wanderern am Gletscherrand. Zeit für eine kleine Pause, auf norwegische Art mit Kviklunsj und Smørbrød, Schokoriegeln und Butterbroten.
Jetzt klicken wir die Karabiner unserer Gurte in die Schlaufen des Seils ein. So bilden wir Kolonnen von etwa 20 Wanderern, die alle miteinander verbunden sind. Sollte einer von uns in eine Gletscherspalte rutschen, wird er von den anderen gesichert.
Im Gänsemarsch stapfen wir los. Der Schnee auf dem Gletschereis verhindert, dass wir ausrutschen. So müssen wir uns nur darauf konzentrieren, gemeinsam ein gleichmäßiges Tempo zu gehen: Unser Verbindungsseil soll sich weder zu sehr spannen, noch zu lose zwischen uns hängen – sonst besteht Stolpergefahr.
Schneeregen und Nebel im August
Weil wir jetzt hintereinander her laufen, haben wir jetzt keinen Nebenmann mehr, mit dem wir quatschen können. So wird es ruhig, wortlos schreitet unsere Seilschaft durch die neblige Winterlandschaft. Immer wieder fallen Schneeschauer – mitten im August.
Ich lasse meine Gedanken schweifen und komme in die meditative Wanderstimmung, die ich so sehr mag. Schon verrückt: Wir sind hier gerade mal ein bisschen höher als 2.000 Meter, doch die Szenerie erinnert eher an Fotos von den höchsten Bergen der Welt im Himalaya.
In Deutschland gibt es Dutzende Berge, die höher sind als der Galdhøpiggen, doch während dort teilweise noch Wirtschaftswege auf diese Höhe führen, gehen wir hier in einer Seilschaft über einen Gletscher.
So vergeht wieder eine knappe Stunde, bevor wir den oberen Rand des Styggebrean erreichen. Ab jetzt geht es ohne Seil weiter – und wir haben noch einige Höhenmeter zu bewältigen. Der Schnee verschwindet hier jetzt zumindest auf dem Pfad, dafür wird es jetzt richtig steil.
Und neblig. Unser Trek zieht sich etwas auseinander und schnell verschwinden die ersten Wanderer in der Nebelsuppe. Meter für Meter müssen wir uns jetzt den Gipfel hinauf kämpfen. Wir kraxeln über dicke Felsblöcke, an einigen Stellen wird der Pfad sehr schmal und zu unserer Linken geht es steil in die Tiefe.
Wie aus dem Nichts tauchen plötzlich die Umrisse der Gipfelhütte im Nebel auf: Eigentlich eine kleine Bretterbude auf einem Fundament aus flachen Felsen aus der direkten Umgebung. Aber auf dem Dach streckt sie trotzig drei schwere Stahlträger wie Fühler in alle Richtungen über Jontunheimen.
Ein paar Meter weiter die Spitze des Gipfels.
Wir statten ihr nur einen kurzen Besuch ab: Zu sehen ist hier heute bei dem Nebel nichts weiter. Und so wärmen wir uns nur kurz bei warmem Kakao in der Gipfelhütte auf, bevor wir uns an den Abstieg machen. Wir sind oben gewesen.
Wissenswertes & Tipps zur Galdhøpiggen-Besteigung:
Planung & Unterkunft:
Es führen verschiedene Routen auf den Galdhøpiggen. Diese, mit Start an der Juvasshytte, ist die Leichteste. Ihr größtes Highlight ist Vor- und Nachteil zugleich: Dank der Querung des Styggebrean kann man auf einen Wanderführer nicht verzichten, wenn man keine Gletschererfahrung hat.
Die Juvashytte ist nur im Sommer geöffnet (1. Juni bis zum 1. Oktober), die Wanderungen kosten 250 norwegische Kronen, was knapp 30 Euro entspricht. Die Wanderung kann man spontan vor Ort buchen, Zimmer zur Übernachtung müssen aber in der Regel rechtzeitig mehrere Wochen im Vorraus reserviert werden. Kontaktdaten gibt’s auf der Website der Juvasshytta.
Achtung: Gerade deutsche Touristen neigen dazu, Wanderungen in Norwegen zu unterschätzen. Zwar waren in unserer Wandergruppe auch einige Kinder dabei. Wer allerdings noch nie Bergwandern war, wird auch auf einer für norwegische Verhältnisse „leichten“ Wanderung wie dieser an seine Grenzen stoßen. In jedem Fall sollte man eine ausreichende Kondition mitbringen.
Alle anderen Routen auf den Galdhøppigen starten im Spliterstulen-Tal, das eine sehr informative Website mit deutschsprachigen Infos zu Übernachtung, anderen Aktivitäten und Wanderrouten hat.
Ausrüstung:
Bei einer Wanderung auf den Galdhøpiggen sollte man sich ausrüsten wie zu einer Winterwanderung. Wichtig sind gute Wanderschuhe mit hohem Schaft, wasserfeste Hose und Jacke und Wollunterwäsche. Gurte und Seile bekommt man vom Wanderführer und sind im Preis inbegriffen.
Für mehr Ausrüstungstipps schaut euch unbedingt auch meine Packliste für Norwegen an.
Wissenswertes & Tipps:
Fun-Fact, bei dem einem das Lachen ein wenig im Hals stecken bleibt: Der Galdhøpiggen ist erst seit 1981 der höchste Berg Norwegens und Nordeuropas. Bis dahin war der benachbarte Glittertind höher, dessen Eiskappe allerdings im letzten Jahrhundert so stark abgeschmolzen ist, dass er mittlerweile vom Galdhøpiggen um fünf Meter überragt wird.
Auch auf den Glittertind kann man wandern, wenn man schon mal in der Gegend unterwegs ist. Einen guten Wanderbericht gibt’s hier.
Am Fuß des Galdhøpiggen bei der Juvasshytte gibt es auch ein Sommer-Ski-Center, von Mai bis November kann man hier Skifahren.
Mein Hamburger Blogger-Kollege Björn war eine Woche vor mir auf dem Galdhøppigen und hat den höchsten Berg Norwegens mit dem höchsten Berg Deutschlands verglichen – inklusive Gipfelbier-Vergleich!
das höchste für uns war bisher die Zugspitze, ein Traum wäre auf jeden Fall der Großglockner
Danke für den Verweis auf unseren Beitrag 🙂