Überquerung der Biskaya

Eine Biskaya-Überquerung ist gleichzeitig ein Traum und ein Alptraum eines jeden Seglers. In diesem Beitrag gibt es den persönlichen Törnbericht meiner Biskayaüberquerung. Weiter unten finden sich generelle Infos zum Seegebiet Biskaya und einige Überlegungen zur optimalen Route.

Außerdem findet ihr eine Liste mit Fachliteratur zur Törnplanung in der Biskaya und weitere Törnberichte anderer Segler aus der Biskaya.

Törnbericht: Per Katamaran über die Biskaya

Biskaya Route WindKurs und Windverhältnisse bei meiner Biskaya-Überquerung.

Nachdem ich auf meinem Weg von Ibiza aus rund Westeuropa schon so manchen Crewwechsel an Bord der „Vaya Con Dios“ miterlebt habe, ist in A Coruña der Skipper dran: Frank, der Eigner unseres Katamarans kommt an Bord und übernimmt die Rolle des Skippers von Louis.

Der bleibt allerdings an Bord, ist ein guter Freund von Frank und freut sich nun, ab sofort als normaler Mitsegler mit deutlich weniger Verantwortung Teil der Crew zu sein.

Wir haben in den Tagen vor Franks Ankunft das Wetter beobachtet und uns schon gedacht: Sobald er an Bord gekommen ist, sollten wir ablegen. So ist es dann auch: Am Samstag Nachmittag herrscht in A Coruña kräftiger Wind aus Ost-Nordost, der uns flott nach Norden bringen sollte.

 

Kurz vor Sonnenuntergang laufen wir aus der Marina A Coruña aus, setzen Großsegel und Fock und stampfen mit fast 8 Knoten nördlich. In der Nacht legt der Wind noch zu, und auch die Wellen tragen flächendeckend weiße Schaumkronen und sehen schon sehr danach aus, wie wir uns die Biskaya vorgestellt haben.

Es rumpelt ordentlich und es ist laut auf der „Vaya Con Dios“ – aber wir laufen flott und auf optimalem Kurs.

Logbuch BiskayaDie ersten Logbucheinträge unserer Biskayaüberquerung.

Am zweiten Tag bleiben die Bedingungen ähnlich, der Wind schwächt glücklicherweise zumindest ein wenig ab auf etwa 25 Knoten. Ab und an kommen zwar stärkere Böen rein, weshalb wir weiter aufmerksam sein müssen, aber es läuft!

Es wird langsam merklich kälter, schon in der Nacht wurde das Ölzeug oder die Wollunterwäsche rausgeholt. Wir sind nun einmal in der „falschen“ Richtung unterwegs – diejenigen, die die Biskaya Richtung Süden besegeln, träumen auf dieser Höhe wahrscheinlich von der spanischen Sonne.

Aber auch bei uns steht kein Wölkchen am blauen Himmel und wir laufen weiterhin auf unserer optimalen Kurslinie – wir können uns also nicht beklagen!

Biskaya Segeln Fock

Auch, wenn das Segeln bei diesem Kurs echt Spaß macht, beschließen wir in der nächsten Nacht, dass wir langsam etwas Höhe in Richtung Ost gewinnen wollen – schließlich wollen wir nicht nach Island. Schade, dass der Katamaran so schlecht am Wind segelt: Der Wind von 30° Steuerbord reicht nicht aus, um zu segeln und wir müssen einen unserer beiden Motoren starten.

Am frühen Morgen steht der Wind nach wie vor auf Ost-Nordost – mittlerweile ist das genau die Richtung, in die wir wollen. Richtiges Kreuzen kann man mit dem dicken Katamaran vergessen, so dass wir die Fock einholen und den zweiten Motor starten.

Im Laufe des Tages beschließen wir, unser ursprüngliches Ziel Brest steuerbord liegen zu lassen und zu versuchen, schon ein Stückchen in den englischen Kanal zu fahren – mal sehen, wie weit wir kommen. Über die nächste Nacht motoren wir weiter in Richtung Kanal.

Ile d Ouessant Bretagne

Am Morgen des vierten Tages dreht der Wind ganz auf Ost, so dass wir wieder das Focksegel setzen können. Wir segeln jetzt schnurstracks auf den Kanal zu und wir überlegen tagsüber, was wir denn als nächsten Zielhafen anpeilen sollen.

Am späten Nachmittag jedoch ändert sich unser Plan nochmal: Unser Kurs führt sehr nah an der Île d’Ouessant vorbei. Als wir nur noch eine Meile von ihr entfernt sind, sind wir alle beeindruckt von der Schönheit und Wildheit dieses Archipels vor der schroffen bretonischen Küste.

Der Blick auf die Insel erinnert uns außerdem an die Annehmlichkeiten, die es an Land so gibt: Nach ziemich genau 72 Stunden auf See überkommt uns plötzlich die Lust auf ein anständiges Essen in einem richtigen Restaurant.

Plötzlich sind wir uns einig, dass so eine Biskaya-Überquerung ja auch irgendwie gefeiert werden müsste und dass wir uns das außerdem verdient hätten. Und so endet unsere Biskaya-Überquerung völlig ungeplant und spontan bei einigen Flaschen Weißwein in einem Fischrestaurant auf der Île d’Ouessant.

Segeln auf der Biskaya – Infos und Tipps

HUMAN, c'est aussi des images aériennes à couper le souffle. Ici, la mer déchaînée à St-Guénolé en Bretagne… #WhatMakesUsHUMAN

Gepostet von HUMAN am Donnerstag, 10. September 2015

Vom heimischen Sofa aus sehen die Herbststürme der Biskaya großartig aus. Auf einem Segelboot will man sie aber ganz sicher nicht aus der Nähe erleben.

Warum ist die Biskaya so ein schwieriges Seegebiet?

Für viele Weltumsegler ist die Überquerung der Biskaya eine Art „Reifeprüfung“, bevor es raus auf die Ozeane geht. Das Seegebiet zwischen Frankreich und Spanien ist berühmt-berüchtigt und die Wikipedia sagt über den Golf von Biskaya:

Dieses Seegebiet ist für schlechtes Wetter, starke Stürme und extremen Seegang bekannt.

Das schlechte Wetter und die Stürme in der Biskaya liegen daran, dass in der Bucht und vor allem etwas nördlich von ihr die klassische Zugbahn der Nordatlantiktiefs verläuft. Besonders in den Herbstmonaten und im Winter kommen hier viele Stürme vor.

Die vorherrschende Windrichtung ist Nord-West und durch die Trichter- oder Keilform der Landmassen Frankreichs und Spaniens um die Biskaya verstärkt sich der Wind meist, je tiefer man in die Bucht hineinkommt.

Biskaya Kontinentalschelf
Grafik: Eric Gaba / Creative Commons BY-SA 3.0

Der Trichter hat denselben Effekt auf die Wellen, die sich in der Biskaya aber aus noch einem anderen Grund teilweise extrem hoch aufbauen: In der Bucht befindet sich der sogenannte „Kontinentalschelf“, also der Grenzbereich der europäischen Kontinentalplatte.

Innerhalb von wenigen Seemeilen steigt der Meeresboden im Golf von Biskaya von einer Tiefe von rund 5.000 Metern auf eine Tiefe von nur 50 Metern. Dadurch türmen sich hier im Herbst und Winter nicht selten Wellenberge von zehn Metern Höhe und mehr auf.

Sowohl die Trichterform, die Spanien und Frankreich hier bilden, als auch die dramatische Änderung der Wassertiefe lassen sich gut in der Karte oben ablesen.

Eine dritte Schwierigkeit und eine weiterer Grund, warum die Biskaya berüchtigt ist, sind die immer wieder auftauchenden Kreuzseen – das heißt gleichzeitige Wellen aus verschiedenen Richtungen. Dadurch wird das Schiff sehr unruhig, Wellen lassen sich nicht mehr gut austeuern und die Überfahrt wird unkomfortabel.

Gefährlich wird es, wenn sich zwei Wellen aus unterschiedlichen Richtungen überlagern und so plötzlich sehr viel höher werden können als die Wellen im Umkreis.

Die beste Route für eine Biskayaüberquerung

Biskaya Route Leuchtturm

Grob lässt sich sagen: je tiefer man in den Golf hineinkommt, desto krasser werden die Bedingungen. Deshalb sind sich Fachliteratur und erfahrene Segler einig, dass die Route über die Biskaya möglichst weit draußen auf dem Ozean halten sollte.

Egal, in welche Richtung man über die Biskaya segelt, wird empfohlen, sich möglichst lange auf dem Breitengrad von A Coruña (etwa 8°30’W) zu halten. Als An- oder Auslaufhäfen nördlich der Biskaya bieten sich vor allem Brest in Frankreich und Falmouth in Südengland an.

Falmouth hat den großen Nachteil, dass man hier während der Biskayaüberquerung auch noch das stark befahrene Verkehrtrennungsgebiet des englischen Kanals queren muss.

Gefällt dir, was du hier findest?

Mehr Lesestoff hier im Blog:

Hier findest du → alle meine Tipps zum Mitsegeln!

Schön zu lesen: Meine Atlantiküberquerung als Mitsegler.

Schau dir außerdem meine → Packliste für Mitsegler an!


Im Seegebiet zwischen A Coruña und dem Kap Finisterre herrschen ebenfalls oft sehr schwierige Bedingungen – auch bei mir war es hier sehr unbequem (und am Kap Finisterre ist unsere Dirk gebrochen…). Deshalb entscheiden sich viele Segler, auch dieses Gebiet zu umfahren und wählen eine Route noch weiter draußen auf dem Ozean.

Bei dieser Route befindet sich der südlichste Hafen der Biskayaüberquerung dann schon in Portugal. Hierbei muss man dann in Kauf nehmen, dass die Route deutlich länger ist und man so sehr viel länger nonstop ohne Landfall unterwegs ist.

Es ist auch möglich, die Biskaya in Tagesetappen hinter sich zu bringen. Aufgrund der Nähe zum Land müssen hier aber die Bedingungen perfekt sein. Diese Route ist nur was für Segler mit viel Zeit und wird deshalb deutlich seltener gewählt.

Hilfreiche Fachliteratur für Biskayaüberquerungen

Sturm Wellen Biskaya
Foto: Sturm / Shutterstock

Bei der Vorbereitung einer Biskayaüberquerung lohnt es sich daher, einen Blick in die Fachliteratur zu werfen. Diese Bücher werden oft empfohlen:

  • Wir hatten an Bord den Reeds Nautical Almanac – Ein dickes Nachschlagewerk mit Wegpunkten, Hafenkarten, Strömungskarten und jeder Menge anderer hilfreicher Infos. Eine Alternative dazu wäre der Shell Channel Pilot.
  • Segelrouten der Welt (Jimmy Cornell) – Ein Klassiker für jeden Fahrtensegler mit Routenempfehlungen mit Wegpunkten für die ganze Welt. Die Anschaffung lohnt sich auf jeden Fall, wenn man nach der Biskaya-Überquerung noch weiter (um die Welt?) segeln möchte.
  • Seekartenset Biskaya – Für den Fall, dass alle Stricke reißen, freut man sich sehr über Seekarten auf Papier.
  • Schwerwettersegeln – Auch bei sorgfältigster Planung ist man vor Stürmen auf der Biskaya nie sicher. Dieses Buch behandelt alles Facetten des Schwerwettersegelns. Abenteuerlektüre und Fachbuch zu gleich.

Weniger Informationsdichte, dafür unterhaltsamer und ebefalls lehrreich sind die Erzählungen und Törnberichte, in denen die Biskaya oft einigen Raum einnimmt:

Erfahrungsberichte und Blogbeiträge von der Biskaya

Biskaya Segeln Sprayhood

Die folgenden Törnberichte und Blogbeiräge habe ich vor meiner Biskayaüberquerung gelesen:

  • Steffi und Tomy von der Segelyacht Yemanja überquerten die Biskaya im Sommer 2014 und haben hier Erfahrungen ausführlich verbloggt: Hier ist ihr Törnbericht der Biskayaquerung. Mit ein bisschen zeitlichem Abstand gibt Steffi später noch ihre persönlichen Tipps für den Biskayatörn.
  • Jonathan und Claudia von der „Inti“ (hier gibt’s die beiden im Abenteurer-Interview) waren so wagemutig, an einem Freitag, den 13. von Falmouth in Richtung La Coruña abzulegen. Die Biskaya schien den beiden das zunächst so übel zunehmen, dass die beiden fast unterwegs umgekehrt wären. Hier ist ihr Biskaya-Törnbericht.
  • Klaus ist mit seinem Katamaran Lesmona im Frühsommer 2014 über die Biskaya gesegelt und beschreibt hier, was er gelernt hat.
  • Die Segelyacht Atanga bekam mitten auf der Biskaya einen Tampen in die Schraube, der Motor fiel aus und irgendwann auch der Wind – im Biskaya-Logbuch der Atanga steht, wie es weiterging.

Welche Erfahrungen habt ihr auf der Biskaya gemacht?
Habt ihr Tipps für zukünftige Biskaya-Überquerer oder Fragen zu meinem Törn?
Immer her damit – in den Kommentaren!

Timo Peters
Timo Petershttps://www.bruderleichtfuss.com
Timo Peters ist der Gründer und Chefabenteurer bei bruderleichtfuss.com. Ich verbringe meine meiste Zeit auf Reisen und stehe auf Abenteuer aller Art. Ich bin gerne in der Natur unterwegs: Zu Land wandere ich mit meinem Zelt durch die Wildnis, zur See gerne auf Segelbooten. Außerdem habe ich eine Leidenschaft für Reisen per Anhalter. Hier findest du mehr Infos über mich und diesen Blog.

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3 comments

  1. Hi Timo,
    danke für den informativen und übersichtlich gestalteten Bericht von deiner Biskaya Überquerung.

    Dieses Seegebeit steht bei mir noch auf meiner ToDo-Liste 😉

    Handbreit, Markus

      • Guten Morgen Timo,
        reizen würde mich das schon auch mal, unsere NAMBAWAN in den hohen Norden zu segeln.

        Nächsten Sommer bleiben wir aber sicher noch im Mittelmeer. Aber vielleicht mache ich einen Überstellungstörn im Frühjahr. Da werden ja immer viele werftneue Yachten ins Mittelmeer überstellt. Wenn es sich zeitlich irgendwie ausgeht, werde ich da vermutlich Biskaya Luft schnuppern 😉

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